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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0285
Franz Gog

Staatspräsident Müller wollte zum Urteil des Schwurgerichts selbst nichts sagen. Das
Justizministerium habe am 7. Juli schriftlich seine Mißbilligung des Vorgehens des Stuttgarter
Redakteurs zum Ausdruck gebracht. Müller sah die Angelegenheit ebenso wie die
nachfolgenden Redner Renner und Leuze im Sinne von Gog, hielt es aber für nicht opportun
, daß das Land Württemberg-Hohenzollern in diesem Punkte ein Gesetz vorlege,
das ohnehin etwa für Radio Stuttgart keine Gültigkeit besäße, ganz abgesehen von dem
zu erwartenden Inkrafttreten der Bundesorgane. Franz Gog ging es mit der Anfrage zu
diesem Vorfall, der ihn so aufregte, in erster Linie wohl nicht um die Parteinahme des Redakteurs
für die Angeklagten, sondern um eine Parteinahme der Medien im unmittelbaren
Vorfeld von Urteilsverkündigungen in »spektakulären« Prozessen schlechthin. Er
hatte sich als unbestechlicher Gralshüter der Unabhängigkeit der Justiz präsentieren
können, und dies ist ihm offenbar ein Bedürfnis gewesen.

Als am 13. Dezember 1949 die Beratung des Entschädigungsgesetzes für die Opfer
des Nationalsozialismus fortgesetzt wurde, war es Franz Gog, der als erster Redner in
der allgemeinen Aussprache das Wort nahm161 und darauf hinwies, daß es von Vorteil sei,
erst jetzt ein solches Gesetz zu beschließen, da nunmehr eine ruhigere Atmosphäre eingetreten
und sachlicher zu diskutieren sei als etwa 1946 oder 1947. Der Gesetzentwurf sehe
einerseits die Haftung des unmittelbaren Schädigers, andererseits aber auch, wenn dieser
unauffindbar oder illiquide sei, die Staatshaftung vor. Er warf rhetorisch die Frage auf,
wie der jetzige Staat dazu komme, Haftung für Schäden zu übernehmen, die der NS-
Staat verursacht habe: Uns scheint es eine politische Forderung zu sein, daß der Staat heute
den Opfern gegenüber dafür eintritt, daß da, wo sie den Schaden nicht bekommen können
, oder wo der frühere Staat selbst sie geschädigt hat, der Schaden vom jetzigen Staat
liquidiert werden muß, wenn auch die Identität der beiden Staaten verneint wird. Er wies
auf die zahlreichen Probleme, vor dem der Sonderausschuß und die Regierung bei den
Beratungen gestanden hätten - wie etwa die finanzielle Schadensbemessung nach der
Währungsreform und die Einschätzung des Leids der Familien von eingesperrten oder
ermordeten Personen - hin, warb aber am Ende seiner Ausführungen um eine schnelle
Verabschiedung des Entwurfs im Plenum, da die CDU das Gesetz für äußerst dringlich
halte, damit endlich einmal diese Leute, die schon lange auf ihr Recht warten, zu einer
kleinen Entschädigung kommen. Danach pflichteten ihm Redner aller Fraktionen - auch
der KPD - in der Wertung der moralischen Bedeutung des Gesetzentwurfs zu, mit dem
sie sich im wesentlichen einverstanden erklärten. In der Einzelberatung am Nachmittag
des gleichen Tages schmetterte Gog einige Versuche der KPD, die Entschädigungen
großzügiger als vorgesehen zu gestalten, ab, da man auf die finanzielle Möglichkeit und
auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes Rücksicht nehmen müsse.162 Der
KpD-Abgeordnete Acker bezeichnete es als eine Schande, wenn man sich so einstellt.
Am Tag darauf wurde das Gesetz einstimmig vom Landtag verabschiedet. Ebenso wurde
am 14. Dezember 1949 auch das Gesetz über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen
Unrechts im öffentlichen Dienst einstimmig verabschiedet.

Zum Jahreswechsel 1949/50 hatte sich der Landtag in Bebenhausen aufgrund einer
von den Abgeordneten Pfender und Hermann von der CDU, Kalbfell und Holtzhauer
von der SPD sowie Dr. Leuze von der DVP gestellten großen Anfrage mit den parteikritischen
Äußerungen eines Mannes zu befassen, der im Zusammenhang mit dem Gesetz
über die Selbstverwaltung der Hohenzollerischen Lande vom 7. September 1950 für Gog
und die Vertreter der hohenzollerischen Selbstverwaltung in dieser Zeit von ganz besonderer
Bedeutung war, nämlich Dr. Theodor Eschenburg (* 1904), Ministerialrat im Innenministerium
und Stellvertreter des Ministers Renner. Der in Laupheim wohnhafte

161 VLWH, 77. Sitzung, 13. Dezember 1949, S. 1492-1495.

162 Ebd., 78. Sitzung, 13. Dezember 1949, S. 1508

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