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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0286
Frank Raberg

CDU-Bundestags- und Landtagsabgeordnete Franz Pfender bezog sich in seiner Begründung163
auf einen Bericht der »Stuttgarter Zeitung« vom 8. Dezember, in dem
Eschenburg dahingehend zitiert worden war, daß die Parteien den ganzen Staatsapparat
durchsetzen wollten, aber ihr Personalreservoir so klein sei, daß das Niveau der Abgeordneten
und Minister einen bisher noch nicht gekannten Tiefstand erreicht habe. Pfender
wertete dies als eine das Ansehen von Parlament und Regierung schwer schädigende
Äußerung und verlangte eine Stellungnahme der Regierung.

Regierungschef Müller versuchte, die Sache sofort herunterzuspielen, indem er auf die
zahlreichen Beispiele für die Unzuverlässigkeit der Zeitungsberichterstattung verwies.
Aufgrund eines kurzen Zeitungsberichts solle nun keine Staatsaktion aufgezogen werden
, mahnte er. Eschenburg - nicht nur ein Freund und Protege von Carlo Schmid, sondern
auch ein enger Mitarbeiter Müllers in der Zeit des Parlamentarischen Rates und nun
im Kampf für den Südweststaat - habe sich seinem Minister gegenüber zu äußern, der
Sachverhalt müsse geklärt werden. Jetzt könne er dazu nichts sagen. Franz Gog meinte,
Eschenburg hätte unbedingt eine Richtigstellung verlangen müssen, wenn der Zeitungsbericht
Äußerungen abgedruckt hätte, die er nicht gemacht habe. Andererseits sprach
sich Gog beinahe unverhohlen für eine dilatorische Behandlung der Großen Anfrage aus,
die weder in der Nachmittagssitzung noch in der nächsten Landtagssitzung beantwortet
werden müsse. Diese Ansicht Gogs rief Unruhe im Plenum hervor. Er schloß damit, daß
es eben Zeit brauche, um die Angelegenheit sorgfältig zu prüfen.

Minister Renner bedankte sich ausdrücklich bei Gog. In der Tat werde die Prüfung
schwierig werden, weshalb die Beantwortung auch in der nächsten Landtagssitzung unter
Umständen nicht möglich sein. Oskar Kalbfell unterstrich diese Notwendigkeit, übte
aber heftige Kritik an Eschenburg, der sich nicht das erste Mal dergestalt und in überheblicher
Weise geäußert habe; er ist allzu schnell befördert worden und glaubt vielleicht,
deshalb die anderen etwas schlecht hinstellen zu müssen. Er legte dem Staatspräsidenten
nahe, Eschenburg bis zur Klärung der Angelegenheit vom Dienst zu suspendieren. Müller
, für den es nun eng wurde, sah sich genötigt, eine Teilbeantwortung vorwegzunehmen
, und schilderte die näheren Umstände, daß nämlich Eschenburg ein Referat beim
»Laupheimer Kreis«, dessen Gastgeber der Unionspolitiker Ulrich Steiner war, gehalten
habe. Er sei dort also nicht als Beamter, sondern als freier Bürger anwesend gewesen, habe
also nicht in offizieller Funktion gesprochen. Sowohl Müller als auch Renner betonten
, daß sie mit anderen und wichtigeren Aufgaben so eingedeckt seien, daß sie die Beantwortung
auch in der nächsten Sitzung des Landtags nicht leisten könnten. Diese nächste
Sitzung war aber die letzte im Jahr 1949, und die Vertagung der Beantwortung bis zur
ersten Sitzung im neuen Jahr bedeutete einen Zeitgewinn von über sechs Wochen, denn
diese fand erst am 31. Januar 1950 statt.

Pfender steckte dennoch nicht zurück, sondern beharrte darauf, daß jeder Beamte bestimmten
Einschränkungen in der freien Meinungsäußerung unterliege und die Regierung
in einem solchen »Fall« wie demjenigen Eschenburgs einschreiten müsse.164 Innenminister
Renner beantworte die Anfrage dahingehend, daß Eschenburg die inkriminierten
Äußerungen anläßlich einer Versammlung des »Laupheimer Kreises« am 7. Dezember
1949 in Bad Cannstatt getan haben solle und daß der Wortlaut der Rede mittlerweile
jedem Abgeordneten vorliege. Eschenburg habe die beiden Württemberg in seiner Kritik
ausdrücklich ausgenommen. Die Regierung werde keine Maßnahmen gegen Eschenburg
ergreifen, da keine Amtspflichtverletzung vorliege, wenn man auch der Meinung sein
könne, er habe etwas zu schwarz gemalt und manche unrichtige Bemerkung gemacht;

163 Große Anfrage des Abg. Pfender u. a., Beilage 484, behandelt in VLWH, 77. Sitzung, 13. Dezember
1949, S. 1482-1484. Die Ausführungen Gogs S. 1482-1483.

164 VLWH, 80. Sitzung, 31. Januar 1950, S. 1541-1550, Ausführungen Gogs S. 1543-1545.

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