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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0019
EDWIN ERNST WEBER

Tirol in Schwaben

Zuwanderung nach dem Dreißigjährigen Krieg
am Fallbeispiel der Pfarreien Veringen und Bingen1

In der Mitte des 17. Jahrhunderts vollzieht sich in Mitteleuropa im Gefolge des Dreißigjährigen
Krieges eine Wanderungsbewegung, die in ihren Ausmaßen und Konsequenzen den
Vergleich zu den Massenmigrationen des 20. Jahrhunderts keineswegs scheuen muß. Am Anfang
der Entwicklung, die im folgenden am Fallbeispiel der Pfarreien Veringendorf mit den
Filialen Veringenstadt, Jungnau, Hochberg und Egelfingen sowie Bingen mit den Filialen
Hitzkofen und Hornstein untersucht werden soll, steht eine Katastrophe von nahezu apokalyptischen
Dimensionen. Die Unheils-Trias der vorindustriellen Zeit - Pest, Hunger und
Krieg - verwandelt in der Mitte der 1630er auch den Oberen-Donau-Raum in kürzester Zeit
in eine weithin entvölkerte und teilweise verwüstete Landschaft2. Die unmittelbaren Kriegsverluste
unter der Bevölkerung im Gefolge des Einfalls zunächst schwedischer Truppen seit
1632 und sodann des kaiserlichen Heeres nach der Kriegswende in der Schlacht von Nördlin-
gen im Herbst 1634 spielen dabei eine vergleichsweise geringe Rolle. Wenn etwa im Binger
Totenregister vom Juli 1632 vermeldet wird, daß Matheüß Amman von den schwedischen
Reüttern in der Plünderung erschossen wurde3, oder die fürstliche Regierung in Sigmaringen
im Dezember 1634 in ihrem Protokoll festhält, daß elf kaiserliche Reiter in großer Furia in das
hohenzollerische Untertanendorf Benzingen eingefallen seien und ohnne alle gegebne Ursach
gannz unchristlicher, unverschuldter weiß zwei Ortsbewohner niedergeschossen und ermorden
haben,4 so steht dies für vergleichsweise wenige Einzelfälle.

Ungleich dramatischere Konsequenzen haben die indirekten Begleiterscheinungen des
Kriegseinbruches vor allem des Herbsts und Winters 1634/35. Die Durchmärsche und Einquartierungen
von Truppen, die zusätzliche und vorrangige Lebensmittel-Nachfrage des Militärs
sowie die von Freund und Feind gleichermaßen begangenen Plünderungen und Dieb-

1 Uberarbeitete und mit Anmerkungen versehene Fassung eines im Rahmen des landesgeschichtlichen
Kolloquiums »Fremde Heimat. Zuwanderung nach Südwestdeutschland vom 17. bis zum 20. Jahrhundert
« am 6. Juli 1996 in Veringenstadt gehaltenen Vortrags.

2 Zur bislang vorliegenden, in der Hauptsache heimatkundlich-populärhistorischen Literatur zum
Dreißigjährigen Krieg im hohenzollerischen Raum vgl. Walter Bernhardt und Rudolf Seigel: Bibliographie
der Hohenzollerischen Geschichte. Sigmaringen 1975, Nrn. 5428-5453. Eine umfassende wissenschaftliche
Darstellung zum Dreißigjährigen Krieg in Hohenzollern steht bislang jedoch noch aus. Stellvertretend
für die vorliegenden allgemeinen Untersuchungen zum Thema sei auf die noch immer grundlegende
Arbeit von Günther Franz: Der Dreißigjährige Krieg und das deutsche Volk. Untersuchungen zur
Bevölkerungs- und Agrargeschichte. Stuttgart, New York 41979, sowie Wolfgang von Hippel: Bevölkerung
und Wirtschaft im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Das Beispiel Württemberg. In: Zeitschrift
für historische Forschung 5 (1978), S. 413-448, verwiesen.

3 Kirchenbuch der Pfarrei Bingen 1625-1635, Totenbuch, Eintrag v. 4.7.1632 (Pfarrarchiv Bingen).

4 Amtsprotokoll der Grafschaften Sigmaringen u. Veringen 1633-1641, Eintrag v. 5.12.1634, fol. 226r.
(StAS, Ho 80 Bd. 2 Paket 224); weitere Bspe. für unmittelbar kriegsbedingte Todesfälle ebd., Eintrag v.
5.12.1634, fol. 226r (Krauchenwies), Binger Totenbuch 1625ff. (wie Anm. 3), Einträge v. 15.1.1634 u.
13.8.1634.

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