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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0024
Edwin Ernst Weber

den weiteren, im Totenregister von 1666 bis 1689 belegten Zuwanderern finden sich dreimal
Osterreich, zweimal die Schweiz und fünfmal das weitere Südwestdeutschland27. Mit Hilfe
der Kirchenbücher läßt sich indessen nur ein Teil der tatsächlichen Zuwanderer erfassen. Zum
einen finden sich in den Eheregistern nur jene Zuzügler genannt, die am neuen Wohnort heiraten
, während zugewanderte Ehepaare auf diese Weise nicht zu ermitteln sind. Vor allem aber
erfolgt in den Kirchenbüchern die Zuordnung der ursprünglichen Herkunftsorte keineswegs
zuverlässig, vor allem wenn sich Zuwanderer schon längere Zeit in der Pfarrei aufhalten und
von den Pfarrern offenbar bereits unter die Einheimischen gerechnet werden. Eine quantitative
Quellenauswertung der Kirchenbücher vermag mithin kaum mehr als einen Ausschnitt aus
dem tatsächlich wohl sehr viel breiteren Zuwanderungsspektrum zu offenbaren.

Zumal in Veringenstadt scheint die Anzahl der Fernzuwanderer nach dem Dreißigjährigen
Krieg sehr viel größer gewesen zu sein als dies die wenigen Nennungen des ohnedies erst verhältnismäßig
spät einsetzenden Eheregisters nahelegen. Das herrschaftliche Amtsprotokoll
vom 9. Juni 1676 beispielsweise führt mit Johannes Dreyer aus Wolfertsschwendi in der Herrschaft
des Klosters Ottobeuren, Barbara Kohler von Radolfzell (Zell am Untersee), Agatha
Bupfler von Mangliz bei Bregenz sowie Hanns Melchior Bollinger von Oberkulm bei Bern
und seiner Frau Magdalena Junglin aus dem vermutlich gleichfalls eidgenössischen Glariß in
einem Eintrag gleich fünf Zuzügler aus weiterer Ferne auf28, von denen sich lediglich einer -
Dreyer - im Ehebuch belegen läßt.

In der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer kommen von insgesamt 151 Zuwanderern
, die in den obrigkeitlichen Protokollbüchern von 1650 bis 1672 nachweisbar sind, 55
Personen oder 36,4 Prozent aus der Schweiz, 27 Personen oder 17,8 Prozent aus dem Hochrheinraum
, Vorarlberg und dem Allgäu, 5,3 Prozent aus dem übrigen Österreich sowie aus
Bayern und 7,9 Prozent aus dem Schwarzwald. 19,9 Prozent der Zuzügler stammen aus der
näheren und weiteren Nachbarschaft, und 12,6 Prozent schließlich lassen sich mit ihren Herkunftsorten
nicht zuverlässig zuordnen29. Von den solchermaßen erfaßten 151 Zuwanderern
bleiben in der Folge allerdings lediglich 59 und damit weniger als 40 Prozent auf Dauer an
ihrem neuen Wohnort, die anderen dagegen ziehen wieder weiter. Dabei ist zumeist nicht
nachvollziehbar, ob sie wieder in ihre alte Heimat zurückkehren oder in eine andere Herrschaft
weiterziehen30.

Ein Großteil der Zuwanderer sind unverheiratete und zumeist offenbar auch materiell geringbemittelte
jüngere Leute, die an ihrem neuen Wohnort zunächst als Knechte oder Mägde
in die Dienste zumeist größerer Bauern treten und sich dann in der Folge mit Einheimischen
verheiraten. In Veringendorf beispielsweise ist der aus Böhmen stammende Hans Schuoler
zunächst als Knecht beim Bauern Hans Fauler tätig, ehe er 1654 die Ehe mit der von ihm bereits
schwangeren Tochter von Georg Kienle eingeht und sodann als Hintersasse an seinem
neuen Wohnort angenommen wird31. Für die als Unzucht geltende Schwängerung seiner Gattin
vor der Hochzeit wird er von der Obrigkeit mit der in Ansehung seiner Armut vergleichsweise
geringen Geldstrafe von 8 Gulden belegt. Wie dies auch vielfach bei der Ungarn-Auswanderung
im 18. Jahrhundert zu beobachten ist, verloben oder verheiraten sich nicht wenige
Paare noch am gemeinsamen Herkunftsort und wandern sodann zusammen aus. In Bingen etwa
werden am 21. Januar 1659 Jacob Naydlis und Agatha Kaufmann getraut, die beide aus
dem Landgebiet des eidgenössischen Luzern stammen und sich dort in Großdietweil zweiein-

27 Kirchenbuch Veringenstadt mit Taufbuch 1651-1804, Ehebuch 1665-1819 und Totenbuch 1665-1758
(Pfarreiarchiv Veringenstadt).

28 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1673-1676 (wie Anm. 22), Eintrag v. 9. 6. 1676, fol. 36vf.

29 Haug (wie Anm. 23), S. 296.

30 Ebd. S. 297f. Zur geringen Seßhaftigkeit vieler Zuwanderer vgl. auch von Hippel (wie Anm. 2), S. 442.

31 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1653-1654 (StAS Ho 80 Bd. 2 Paket 225), Eintrag v.
5. 5.1654, fol. 86v.

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