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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0038
Walter Knittel

Die Mehrheit und die mobilste Gruppe der italienischen Zuwanderer stellten die ungelernten
Erdarbeiter. Sie wurden bei den großen Bauten technischer Projekte eingesetzt und entwickelten
sich zu regelrechten Spezialisten, die bevorzugt angeheuert wurden17.

Schwerpunkt der italienischen Wanderungsbewegung waren die süddeutschen Staaten, allen
voran Elsaß-Lothringen, Baden, Bayern und Württemberg sowie zunehmend auch die
beiden preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen. Als Gründe für diese Konzentration
der Wanderung auf die südwestdeutschen Staaten sind neben der kürzeren Entfernung, historisch
gewachsenen Verbindungen und einer konfessionellen Prägung vor allem auch die restriktiven
preußischen Einwanderungsgesetze anzunehmen, die sich zwar in erster Linie gegen
die slawischen Einwanderer richteten, aber auch die Arbeitsmigranten anderer Nationalitäten
stark reglementierten18.

In den einzelnen Zielländern wiederum kristallisierten sich einzelne spezielle industrielle
Branchen heraus, in denen italienische Arbeiter eine Beschäftigung fanden. Auch wenn diese
in nahezu allen diesen Regionen in allen möglichen industriellen Branchen tätig waren, so
könnte man vereinfachend doch sagen, daß die Italiener in Lothringen vor allem im Erzbergbau
und in Eisenwerken beschäftigt waren, in Baden überwiegend als Bau- und Erdarbeiter
und in Bayern vor allem als Kalk- und Steinbrenner in den Ziegeleien tätig waren. Man fand
sie, wie bereits ein Zeitgenosse schrieb, in den schweren und schmutzigen Berufen, ... um die
sich in guten Zeiten die anspruchsvolleren deutschen Arbeiter nicht drängten™.

4. HERKUNFT DER ITALIENISCHEN WANDERARBEITER

Bei den technischen Bauprojekten waren vielfach ungelernte Erdarbeiter aus den norditalienischen
Provinzen anzutreffen. »Vor allem die Erdarbeiter aus der Emilia und einigen Landstrichen
links des Po hatten sich in ihrem Metier derart perfektioniert, daß sie wegen >ihrer
größeren Gewandtheit und Erfahrung- bevorzugt wurden20. Sie stammten vielfach aus den
hochgelegenen Alpendörfern. In der Landschaft Venetien, namentlich in den Provinzen Belluno
und Udine, die die stärkste europäische Auswanderung aufweisen und die auch das größte
Kontingent der nach Deutschland Auswandernden stellen, spielt die Tradition eine sehr
große Rolle; es hat sich hier bereits ein »habitus migrandi« herausgebildet... Weitere Gründe
zur Auswanderung lassen sich in einigen tiefergelegenen Teilen der Lombardei und Venetien
konstatieren. Niedrige Löhne, Ungerechtigkeit der Pachtverträge, sowie die Verbreitung der
Pellagra, einer Krankheit, die in einzelnen Landstrichen fast die gleiche Bedeutung erlangt
hat, wie die Malaria in Süditalien, hatten die Lage der Landbevölkerung sehr verschlimmert
^.

lang no Knoblauch geschmeckt. Schwäbische Zeitung, Jg. 1991 »SZ-Leser erinnern sich«, Verf. KarlFlöss,
Jahrgang 1909, Inneringen, Schulstr. 4 (Kreisarchiv Sigmaringen, KAS XI/8, Sammlung Walldorf). Vgl. etwa
auch die Einträge in die Ausländerliste von Inneringen im Jahr 1912, die insgesamt zwischen dem 16. August
und dem 10. Dezember die Anwesenheit von 14 Italienern ausweist (GA Inneringen). Ebenso sind im
Jahr 1908 Eisenhahnarbeitsleute aus Oberitalien im Leichenschauregister der Stadt Veringenstadt genannt,
deren Kind kurz nach der Geburt verstorben ist, (StA Veringenstadt 1, Nr. 22/2).

17 Del Fabbro: Transalpini (wie Anm. 10), S. 157.

18 Vgl. hierzu und den Stichworten »Legitimationszwang« und »Karenzzeit« v. a. Bade, Auswanderer
(vgl. Anm. 3).

19 Vgl. Schäfer (wie Anm. 9), S. 197; auch Del Fabbro: Transalpini (wie Anm. 10), S. 135ff.

20 Del Fabbro: Transalpini (wie Anm. 10), S. 157.

21 Britschgi-Schimmer (wie Anm. 11), S. 14; vgl. auch Del Fabbro: Transalpini (wie Anm. 10), S. 47ff.
Einen Uberblick über die die wirtschaftliche und soziale Geschichte Italiens in dieser Zeit bietet Peter
Hertner: Italien 1850-1914. In: Handbuch der Europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Hg. von
Wolfram Fischer. Band 5. Stuttgart 1985, S. 705-776.

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