Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0039
»Da Capo!«

Als Grundlage für die statistischen Erhebungen zur temporären Auswanderung dienten
für die Zeit von 1876-1903 auf italienischer Seite Listen der Kommunalbehörden. Diese wurden
auf der Basis der vom jeweiligen Bürgermeister ausgestellten »Nulla osta« angelegt, einer
amtlichen Erklärung, daß der Auswanderung der betreffenden Person nichts im Wege stehe.
Erst aufgrund dieser Erklärung stellten die Sicherheitsbehörden den notwendigen Paß aus, für
den »gewöhnliche Reisende« um 1910 etwa L. 12,40 und »Auswanderer« L. 2,40 bezahlen
mußten. Allerdings erfaßte dieses System der »Nulla osta« lediglich die beabsichtigte, nicht
aber die tatsächlich erfolgte Auswanderung. Eine ganze Reihe von Auswanderern verließ
außerdem die Heimat ohne Paß, so daß auch hier für diese Zeit nur relative statistische Aussagen
gemacht werden können22.

Wo sich italienische Wanderarbeiter in örtlichen Fremdenlisten am Aufenthaltsort nachweisen
lassen, bestätigen sie die Feststellungen in der Literatur über die Herkunftsorte durchaus
, wenngleich natürlich auch immer wieder andere Regionen vertreten sind. Eine sehr ausführliche
und umfangreiche Fremdenliste, wenn auch für die italienische Arbeitsemigration
nach Deutschland relativ frühe Liste, ist im Archiv der Gemeinde Aldingen im Kreis Tuttlingen
aus der Zeit des Bahnbaus erhalten. Die Fremdenliste mit Eintragungen für die Zeit zwischen
Juni 1867 und Mai 1869 (Bahnbetrieb ab 15. Juli 1869) enthält immerhin 670 Namen23.
Die Auswertung dieser Liste nach Herkunftsorten ergibt, daß 155 Arbeiter aus Oberitalien
stammten, mehrheitlich aus der Umgebung von Como, mehrfach aus ein und demselben Ort
oder aus benachbarten Orten. 92 der aufgeführten Fremden kamen aus dem Trentino, rund 40
Personen aus Südtirol und weitere etwa 60 Personen aus Vorarlberg, Nordtirol und dem übrigen
Österreich. Hinzu kamen 78 Personen aus der Schweiz (nichts ungewöhnliches für dieses
frühe Stadium) und hier speziell noch einige wenige aus Luxemburg, Frankreich, Monaco,
Liechtenstein, Böhmen und Ungarn; aus Baden, Hessen, Bayern und preußischem Gebiet
(Wilflingen).

Die typische regionale Verteilung der Herkunftsregionen auf Oberitalien wird auch bestätigt
durch die angegebenen Herkunftsorte bei der Registrierung von Verletzten oder Toten
beim Bau der Donautalbahn zwischen Tuttlingen und Sigmaringen kurz vor 189024. Die weitaus
meisten italienischen Wanderarbeiter in den süddeutschen Ländern stammten demnach
aus den nördlichen Landschaften Piemont, Ligurien, Lombardei und Venetien und natürlich
aus Südtirol; ein geringerer Teil aus den in Mittelitalien gelegenen Landschaften Emilia und
Toskana25.

Dagegen kamen kaum Süditaliener nach Deutschland. Britschgi-Schimmer stellt in ihrer
Untersuchung von 1915 fest: Von den südlichen Landschaften kommen für uns nur die Abruz-
zen in Betracht, doch erfreuen sich die wilden und wie man sagt sehr rauflustigen Abruzzen in
Deutschland keiner großen Beliebtheit. Auf einem Hüttenwerk in Rheinland-Westfalen, das
zahlreiche Italiener beschäftigt, stellten eines Tages sämtliche Norditaliener die Forderung, eine
Kolonne Abruzzesen zu entlassen, weil seit deren Zuzug die Händel und Streitigkeiten kein
Ende nehmen wollten26.

Das Alter der Fremden ist in der Regel nur vereinzelt erfaßt, in der Aldinger Liste meist gar
nicht. Dort wo es aber doch vermerkt ist, bewegt es sich ausschließlich zwischen achtzehn und
40 Jahren, was sich wiederum mit anderen Ergebnissen vor allem für die frühe Phase der italienischen
Arbeitsimmigration deckt. Diese Gruppe stellt während der gesamten Periode den
Hauptanteil der Zuwanderer, gleichwohl ändert sich im Laufe der Entwicklung die soziale

22 Britschgi-Schimmer (wie Anm. 11), S. 3.

23 Gemeindearchiv Aldingen, Fremdenliste über den Eisenbahnbau (GA Aldingen B 227); alle weiteren
Angaben zur dieser Aldinger Fremdenliste beziehen sich auf dieselbe Quelle.

24 Vgl. etwa Stadtarchiv Fridingen, A 871, A 905, A 1157.

25 Del Fabbro: Transalpini (wie Anm. 10), hat speziell die Region Friaul eingehender untersucht und die
Auswanderungsmotive und Ausgangssituationen dargestellt.

26 Britschgi-Schimmer (wie Anm. 11) S. 36f.

27


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0039