Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0051
Der »Ausländereinsatz«: Zwangsarbeiter in Baden und Hohenzollern 1939-1945

40 000. Sie wurden unter fürchterlichen Bedingungen, in Viehwaggons und kaum mit Wasser
und Lebensmitteln versorgt, nach Deutschland verschleppt. In entsprechend schlechter Verfassung
kamen sie hier an und hinterließen so auch den gewünschten propagandistischen Eindruck24
.

Nach der Niederlage von Stalingrad Anfang 1943 gab es einen neuen qualitativen Sprung,
als die Rüstung und die Zahl deutscher Soldaten erneut erhöht werden mußten. Zum einen
wurden in ganz Europa neue Massen an Zwangsarbeitern beschafft. So kamen bis Kriegsende
nochmals 2,5 Millionen ins Reich herein, darunter 600 000 italienische »Militärinternierte«.
Zum anderen ging es darum, die Leistungen der ausländischen Arbeiter wesentlich zu steigern
. Der sogenannte »Ausländereinsatz« wurde jetzt verstärkt nach kriegswirtschaftlichen
Belangen organisiert, wodurch sich auch die Lebensbedingungen teilweise besserten. Dennoch
behielt die Ideologie ihren Stellenwert.

3. DIE LEBENSBEDINGUNGEN DER ZWANGSARBEITER

Die rassistische NS-Ideologie führte eine menschenverachtende Hierarchie unter den ausländischen
Zwangsarbeitern ein, die sich auf allen Gebieten widerspiegelte. In puncto Essenszuteilung
, Unterkunft, Arbeitszeit und Löhne wie auch bei den Bestimmungen der Gestapo waren
Westarbeiter deutlich besser gestellt als die Arbeiter aus dem Osten25. Auf der NS-
Rangleiter rangierten die französischen Zivilarbeiter an der Spitze vor denen aus anderen
westlichen Ländern. Unter ihnen standen die Arbeitskräfte aus den mit Deutschland verbündeten
Ländern wie Ungarn und Rumänien. Die nächste Position auf dieser braunen Stufenleiter
nahmen die Arbeiter aus der Tschechoslowakei ein, dann die Polen. Die Menschen aus der
UdSSR, im Nazi-Jargon Ostarbeiter genannt, stellten die weitaus größte Gruppe unter den
Ausländern, aber auch diejenige mit den schlechtesten Lebensbedingungen. Ab Sommer 1943
fanden sich auch die Italiener ganz unten. Sie waren vom NS-Regime zu sogenannten »Militärinternierten
« deklariert worden, um ihnen die Rechte der Genfer Kriegsgefangenenkonvention
leichter vorenthalten zu können.

Die Lage der Sowjetbürger möchte ich genauer untersuchen. Nach den »Ostarbeitererlassen
« vom 2. Februar 194226 war schon bei Hinweisen auf Disziplinwidrigkeit nur mit harten
Maßnahmen, d. h. Einweisung in ein Konzentrationslager oder Sonderbehandlung vorzugehen
. Letzteres bedeutete sofortige Erschießung. Alle »Ostarbeiter« hatten das Zeichen »Ost«
zu tragen. Sie durften offiziell nur in Lagern untergebracht werden, die zunächst auch noch
mit Stacheldraht umzäunt sein mußten. Jeder außerbetriebliche Kontakt mit Deutschen war
untersagt. Die Ostarbeitererlasse betonten, daß die deutschen »Herrenmenschen« grundsätzlich
als Vorgesetzte zu gelten hätten. Wie für die Polen wurde auch für die Ostarbeiter eine
neue, noch höhere Steuer eingeführt. Letztlich blieb ihnen für ihre Arbeit pro Tag nur noch
der Gegenwert von drei, vier Zigaretten27.

Vor allem die Ernährungsvorschriften verdeutlichten, daß der Rassismus weiterhin Vorrang
vor kriegswirtschaftlichen Erwägungen besaß. Nachdem Göring im ersten Einsatzbefehl
darauf hingewiesen hatte, wie genügsam die Russen seien28, überschritten die Verpflegungssätze
weder der Menge noch der Qualität nach kaum das Existenzminimum. Die Ostarbeiter
erhielten »Pferde- und Freibankfleisch«, das für deutsche Esser unzumutbar war. Im

24 Herbert (wie Anm. 2), S. 30.

25 Mommsen (Anm. 20), S. 713ff. zeigt, daß auch die westlichen Zwangsarbeiter ständig in Gefahr waren,
Gesundheit und Leben durch Mißhandlungen und Repressalien zu verlieren.

26 Herbert (wie Anm. 2), S. 28.

27 Peter: Rüstungspolitik (wie Anm. 5), S. 352.

28 IMT, Bd. 27. Aktennotiz vom 7.11.1941, S. 56ff.

39


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0051