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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0122
Ute Weidemeyer-Schellinger

und »auf dem Mettenberg fiel eine Luftmine, deren Wirkung so stark war, daß auch im Dorf
noch viele Fensterscheiben zersplitterten und einige Schornsteine einfielen«49.

Spätestens nach diesen beiden Fliegerangriffen - beim Beschuß der Hohenzollerischen
Landesbahn hatte es Tote und Verletzte gegeben - wurde der Burladinger Bevölkerung die
Präsenz des Krieges in ihrer Heimat bewußt. »Als dort die Luftmine heruntergekommen ist,
von diesem Zeitpunkt an hat man auch Angst gehabt und hat gedacht, jetzt kommt es noch
richtig auf uns zu. Da haben sie ja dann auch auf die Zivilbevölkerung geschossen. Tiefflieger
sind einige Male gekommen. Da sind wir auch einige Male auf dem Feld gewesen, als man gemerkt
hat, jetzt kommen die Tiefflieger wieder. Dann ist man mit dem Vieh schnell in den
Wald hinein«50. »Da ist einer mit dem Fuhrwerk und zwei Kühen auf dem Feldweg gefahren,
dann sind sie oben herumgeflogen, und der ist weitergefahren. Der hat doch nicht gedacht,
daß sie auf ihn schießen. Und die haben ihm eine Kuh erschossen, und er konnte gerade noch
in den Graben liegen. Die Kugeln sind links und rechts umhergepfiffen. Das waren die überlangen
Kugeln, die hätten den schon zerrissen. Da haben sie noch auf einen Mann mit einem
Kuh-Fuhrwerk geschossen«51.

Die historischen Quellen dokumentieren ebenso wie die Erinnerungen der Zeitzeugen/innen
, daß auf die Gemeinde Burladingen während des Zweiten Weltkrieges keine Bomben gefallen
sind und dies als Wunder empfunden wurde. »Wie durch ein Wunder war der große Fabrikort
bisher vom Bombenkrieg verschont geblieben«52.

Während der Autor des Heimatbuches es bei der Feststellung des Wunders beläßt, führt
ein Informant eine reelle Erklärung an, weshalb die Gemeinde nicht beschossen wurde. »Ich
glaube, der ganze Luftkrieg hat sich auf die Städte konzentriert. Andere Landgemeinden sind
ja auch verschont geblieben im großen ganzen. Eine Geschichte war ja zwischen Burladingen
und Gauselfingen der Luftangriff auf den fahrenden Zug. Und dann das eine Mal, als der die
Luftmine am Mettenberg abgeschmissen hat. Und sonst war eben auch die Verdunkelung.
Aber strategisch war hier ja bestimmt sonst nichts weiter von der Industrie. Die Rüstungsindustrie
war ja unbedeutend, wahrscheinlich auch gar nicht bekannt. Ich weiß ja nicht, ob die
Alliierten solche Sachen wußten, wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich haben die Burladinger
es schon als Wunder oder als Schicksal empfunden, daß nichts heruntergefallen ist. Angst hat
man auf jeden Fall gehabt«53.

Und dann gibt es für den Tag, an dem die Franzosen in Burladingen einmarschiert sind,
noch ein ganz spezielles Erklärungsmuster: »Der Pfarrer Biener hat immer gesagt, der heilige
Fidelis hat uns beschützt, weil der Einmarsch gerade am Fidelistag war«54.

Ungefähr drei Wochen vor dem Einmarsch der Franzosen in Burladingen traf der damalige
NSDAP-Kreisleiter die Anordnung, die Einwohnerschaft >beim Anrücken des Feindes< zu
evakuieren. Die Burladinger waren jedoch keineswegs bereit, so kurz vor Kriegsende ihre
Heimat zu verlassen. »Es war am 3. April 1945, als der damalige Kreisleiter der NSDAP Unland
in einem Flugblatt die gesamte Bevölkerung aufforderte, Vorbereitungen für eine totale
Räumung der Heimat zu treffen. Mit Empörung wies das Volk diese sinnlose Zumutung
zurück, deren Befolgung größtes Elend über uns alle gebracht hätte. Gott sei Dank waren die
Männer, die etwas zu sagen hatten, verantwortungsbewußt genug, das Ansinnen zu unterbinden
. Ein schwerer Stein fiel von aller Herzen, als am 7. April der damalige Regierungspräsident
Dreher im Museumssaal in Hechingen in einer Aussprache mit den ihm unterstellten Beamten
die Anordnung des Kreisleiters als unsinnig brandmarkte und ausdrücklich verbot, von

49 Burladinger Heimatbuch, S. 114.

50 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

51 Interview mit Herrn E. am 15.5.1991.

52 Burladinger Heimatbuch, S. 115.

53 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

54 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

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