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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0149
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

»Das hat's überall gegeben«188 spielt die Tat als Kavaliersdelikt herunter und legitimiert
diese ebenso wie die Täter, denen das als Sieger eben einfach zustand. Frauen und Männer reproduzieren
das Deutungsmuster, daß siegende Truppen außer Kontrolle geraten. »Es war das
Recht des Siegers«189, »Da ist alles frei«190 waren gemeinsame Erklärungsmuster, die den betroffenen
Frauen möglicherweise auch die Verarbeitung der Vergewaltigung erleichtert haben.

In Verbindung mit den Burladinger Verhältnissen gehört das Deutungsmuster, daß den
Marokkanern nach schweren Kämpfen an der Talheimer Steige versprochen worden war, daß
sie in den nächsten Ortschaften nach ihrem Belieben auftreten können. Deshalb wurde ihnen
von den Franzosen auch keinerlei Einhalt geboten, die Marokkaner konnten in den ersten Tagen
der Besatzung in Burladingen scheinbar tun und lassen, was ihnen beliebte. »Die ersten
zehn Tage war's ganz schlimm, und dann haben sie ein Verbot gekriegt. Aber wenn dann einer
(Marokkaner, d.V.) noch eine (Frau, d.V.) erwischt hat, hat er sie eben genommen. Die Franzosen
haben denen nicht Einhalt geboten. Die haben eine Freiheit gehabt durch den Verlust an
der Talheimer Steige. Dort in Talheim war es so schlimm, da haben sie ja Widerstand geleistet.
Und deshalb durften sie plündern und vergewaltigen. Die Franzosen haben das geduldet, die
haben ihre Freiheit gehabt«191. »Das war die Vergeltung für die Gefallenen da unten, haben sie
gesagt. An der Talheimer Steige haben die Franzosen und die Marokkaner Verluste gehabt,
und deshalb mußte man hier Rache nehmen«192.

»So wie es geheißen hat, waren die da unten in Talheim in Stellung und konnten nicht hinein
. Da war ja in Burladingen noch Flak und Kanonen und alles. Und dann haben die irgendwann
einmal hereingeschossen. Dann haben die Franzosen denen (Marokkaner, d.V.) eben
versprochen, wenn sie jetzt noch einmal herangehen, der nächste Ort, den sie erobern, da dürfen
sie machen, was sie wollen. Und da sind sie dann nach Burladingen gekommen. Das hat's
geheißen. Gleich am Anfang beim Einmarsch war die schlimmste Zeit, sagen wir, vom 24. vielleicht
so eine Woche lang«193.

Die Überzeugung, daß die französische Armee den Marokkanern einige Tage »frei« gegeben
habe, um zu plündern und zu vergewaltigen, vertreten alle Gesprächspartner/innen.

»Es waren ja viele Marokkaner bei uns, die hier hereingekommen sind. Und dann hat's geheißen
, sie hätten gemeutert, sie machen nicht mehr mit. Das hat man nachher erzählt. Dann
haben die Franzosen ihnen versprochen, das nächste Dorf, das man einnimmt, da dürfen sie
Weiber vergewaltigen und Häuser durchstöbern, einfach, da dürfen sie hausen. Das ist ja auch
das Pech gewesen, daß die Deutschen noch geschossen haben. Sonst wären die wahrscheinlich
nie so über Burladingen hergefallen«194. »Meine Frau hat gesagt, man hätte ihnen gesagt, wenn
sie nach Burladingen kommen, dann können sie mit den Frauen machen, was sie wollen. Dann
kriegt jeder seine Frau«195.

»Dann hat man denen versprochen, in den nächsten Ort, in den sie kommen, da dürfen sie
noch einmal richtig die Sau herauslassen, den Marokkanern. Das stimmt also. Was wahr ist,
muß ich wahr lassen. Die haben 14 Tage lang gehaust. Da haben sie auch in den Wohnungen
geschlachtet, da haben die alles gemacht, aber das sind Muselmänner gewesen, die Marokkaner
«196.

»Das sind nicht nur ein paar Tage gewesen. 14 Tage hat's schon gedauert, bis ein bißchen
Ruhe eingekehrt ist. Es sind ja viele Marokkaner dabeigewesen und vor denen hat man einfach

188 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

189 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

190 Ebd.

191 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

192 Ebd.

193 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

194 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

195 Interview mit Herrn H. am 16.5.1991.

196 Interview mit Herrn E. am 21.3.1991.

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