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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0163
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

Ein Informant, der gemeinsam mit seinem Bruder eine Burladinger Gaststätte geführt hat,
berichtet über die ersten Requirierungen: »Hier in der >Linde< haben die Franzosen ihr Lazarett
gehabt und den Saal drüben haben sie auch beschlagnahmt gehabt. Da haben sie Tanzveranstaltungen
gemacht, haben Hennen gebraten. Überhaupt die Neger da, die Marokkaner, haben
Hennen gestohlen und haben sie im Saal drüben geschlachtet und gebraten. Und sie haben eine
Sauerei hinterlassen, haben meine Frau und mein Vater erzählt. Er ist ein paarmal hinüber und
hat gesagt - die haben im Saal ein offenes Feuer gehabt -, sie dürfen kein Feuer mehr machen,
sonst brennt bald das ganze Haus, denn das Dach und alles im Saal war ja aus Holz. Die haben
eben nichts anderes gekannt, als das so zu braten. Sonst haben sie auch Schafe geschlachtet und
haben sie so gebraten. Die Schafe haben oft noch gelebt und so haben sie sie dann gebraten und
verzehrt. Gerade die Marokkaner. Das kann man gar nicht mit uns vergleichen«258.

Frau H., die sich als einzige Interviewpartnerin positiv über das Verhalten der Franzosen
und Marokkaner äußert, erinnert sich, daß in der Gaststätte - trotz Vorhandensein von Hühnern
und Vieh - nicht requiriert wurde: »Alles mögliche haben sie um das Haus herum geschlachtet
oder gebraten. Viele Häuser sind damals geplündert worden. Sie haben auch viel in
den Saal herübergebracht, Bettwäsche und Sachen haben sie viel gebracht. Auch die Hennen
und Gänse und Enten und was sie so geschlachtet haben ums Haus herum, haben sie alles bei
den Leuten geholt. Wir haben selbst auch Hennen gehabt, da haben sie nicht eine genommen.
Wir haben da kein Malheur gehabt. Wir konnten jeden Morgen in unserem Hühnerstall die
Eier holen, die Hennen sind drin geblieben. Die haben aber viele geschlachtet ums Haus herum
, einige hundert«2'9. »Sie haben gehaust wie die Vandalen, wie man so sagt«260. »Ich meine,
beim Einmarsch haben natürlich die Marokkaner den Hühnern, und was sie so erwischt haben
, den Kragen abgedreht und haben das in die Pfanne hineingesetzt. Das haben die natürlich
, auch die Franzosen, requiriert«261. »Also es ist schon eine schwere Zeit gewesen. Die haben
schon Sachen mitgenommen und Wälder umgehauen. Also, die haben schon gehaust«262.

Eine Zeitzeugin rekonstruiert anhand ihrer Erinnerung, wie sie sich gegen die Plünderungen
erfolgreich zur Wehr gesetzt hat: »Und dann bin ich zwei Jahre da unten in der Burladinger
Mühle gewesen. Und dann sind auch immer wieder Franzosen gekommen und haben
Gänse und Hennen geholt. Und dann bin ich nur gerade in Hausschuhen und mit einer Mantelschürze
auf die Kommandantur gesprungen und hab's gesagt, daß sie uns das Zeug nehmen.
Dann sind sie wieder einmal gekommen und haben trotzdem. Mich haben sie auch mitgenommen
. Ich habe mich eben gewehrt und dann haben sie mich in den Jeep eingeladen und mich
mit nach Gauselfingen in die Kommandantur genommen. Jetzt komme ich da hinein, und
dann ist der auf mich zugekommen und hat mich gegrüßt. Jetzt war das ein Leutnant, der vorher
vier Wochen bei mir im Quartier gewesen ist, ein Franzose. Dann haben sie mich gleich
wieder heimfahren müssen. Das hätte auch anders ausgehen können«263.

2.3.4. »DIE HABEN SCHON DIE SCHÖNEREN HÄUSER HERAUSGESUCHT«

Abgesehen von den Plünderungen von Privateigentum mußte jede Familie zu Beginn der Besatzung
»einen Anzug und ein Paar Schuhe abliefern«264. Die Interviewpartner/innen stellen
hinsichtlich dieser Ablieferungen einen Zusammenhang zwischen >Geschichte< und beschichten
« her, erinnern sich an die allgemein üblichen Ablieferungen in Verbindung mit persönlichen
Erinnerungen, mit kleinen Anekdoten, die sich in der Gemeinde Burladingen ereignet haben.

258 Interview mit Herrn H. am 16.5.1991.

259 Interview mit Frau H. am 16.5.1991.

260 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

261 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

262 Interview mit Frau C. am 12.3.1991.

263 Ebd.

264 Burladinger Heimatbuch, S. 117.

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