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Neues Schrifttum
Zur Präsentation der Faksimileausgabe haben das Hauptstaatsarchiv Stuttgart und das
Landesvermessungsamt eine begleitende Ausstellung über Georg Gadner und sein Werk gestaltet
, deren in drei Teile gegliederte Begleitveröffentlichung es hier vorzustellen gilt. Der erste
Teil, verantwortet von Margareta Bull-Reichenmiller, behandelt die Biographie Gadners.
Eine Zeittafel und eine Zusammenstellung seiner Dienstreisen, beides von Eberhard Merk erstellt
, geben eine Orientierung für die Einordnung der aufgeführten Dokumente. Die wichtigste
Quelle zu Gadners Jugend- und Studienjahren, ein Brief an den bayrischen Kanzler Rochi-
us Freymann aus dem Jahre 1555, ist in Transkription wiedergegeben. Im zweiten Teil geht
Margareta Bull-Reichenmiller auf das kartographische Werk Gadners in drei Unterkapiteln
ein: Abrisse des Augenscheins und sonstige handgezeichnete Einzelkarten; Chorographia; gedruckte
Übersichtskarten des Herzogtums Württemberg. Die einzelnen Karten und Skizzen
sind jeweils ausführlich beschrieben, Gadners Abrisse des Augenscheins sogar sämtlich (in
Schwarzweiß) abgebildet. In einem dritten Teil beschreibt Roland Häberlein die Chorographia
aus topographisch-kartographischer Sicht. Unter anderem schildert er Meßmethoden
und fragt nach der Genauigkeit. Da trigonometrische Verfahren noch nicht gebräuchlich waren
, war Gadners Haupthilfsmittel ein Pferdeschrittzähler, mit dem er Entfernungen ermitteln
konnte.
Die Veröffentlichung besticht durch ihre großzügige Aufmachung und ist mehr als ein gut
gemachter traditioneller Ausstellungskatalog. Der Band ist nämlich gleichzeitig ein Archivinventar
der Gadnerschen Karten (mit Hinweis auf die entsprechende Aktenüberlieferung), und
mancher wird ihn gerne zur Hand nehmen, um sich in die Kartographie des 16. Jahrhunderts
einführen zu lassen.
Sigmaringen Volker Trugenberger
Andreas Maisch: Notdürftiger Unterhalt und gehörige Schranken. Lebensbedingungen und
Lebensstile in württembergischen Dörfern der frühen Neuzeit. Stuttgart, Jena, New York:
Gustav Fischer Verlag 1992. 518 S. (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte Bd. 37)
Detaillierte Darstellungen zur Geschichte einzelner Dörfer in der frühen Neuzeit finden sich
regelmäßig in Ortsgeschichten, die oft zu einem lokalen Jubiläum erscheinen und deren wissenschaftlicher
Standard in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. In solchen
Ortsgeschichten werden gern die Lebensbedingungen auf dem Dorf exemplarisch anhand einzelner
Quellen beschrieben, die zur Veranschaulichung von Zuständen, Entwicklungen und
Mentalitäten geeignet sind. Was im Rahmen einer Ortsgeschichte in der Regel nicht geleistet
werden kann, ist eine umfassende Auswertung serieller Quellen unter quantifizierenden Fragestellungen
.
Genau hierin liegt, sowohl in methodischer Hinsicht als auch von den Ergebnissen her, die
große Bedeutung der von Hans-Christoph Rublack betreuten Tübinger Dissertation von
Andreas Maisch, in der das »soziale Handeln frühneuzeitlicher Dörfler unter Einbeziehung
der Bedingungen, unter denen es stattfindet« (Maisch, S. 9), untersucht ist. Im Sinne eines
Samples - oder wie der überlieferungsbildende Archivar vielleicht formulieren würde: einer
Klumpenstichprobe - hat Maisch für seine Fragestellungen sechs württembergische Dörfer
ausgewählt, zu denen er im Zeitraum 1625 bis 1850 bestimmte Quellengruppen umfassend in
vergleichender Weise ausgewertet hat. Es sind dies die Orte Bondorf, Tailfingen, Nebringen
und Mötzingen im ehemaligen Oberamt Herrenberg, Gebersheim im ehemaligen Oberamt
Leonberg und Gruorn im ehemaligen Oberamt Urach. Bei den quantifizierend ausgewerteten
Quellen handelt es sich insbesondere um die erhaltenen Serien der Kirchenbücher, Ortssip-
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