Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 8
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0022
Otto H. Becker

mich eines Tages auf das französische Gouvernement holte. Ich suchte dann dort sofort für den
damaligen Landrat, den verstorbenen Landrat Schaermeyer, zu sprechen. Es ging hart auf
hart, bis ich hören konnte: »Es muß ein anderer Landrat her. Wir kennen Ihr Schicksal und
was Sie in der Vergangenheit politisch gewesen; wollen Sie wirklich Sabotage üben? ... So bin
ich seit 1945 in die Verantwortung hineingestellt worden ...8.

Wie wir aus den Tagebuchaufzeichnungen von Diplom-Landwirt Maximilian Schaitel aus
Heiligenzimmern, der beim Hohenzollerischen Landeskommunalverband die Fürsorgestelle
betreute9, entnehmen können, suchten schon unmittelbar nach der Besetzung Gruppierungen
des ehemaligen Zentrums Einfluß auf die Politik der Franzosen auszuüben. Bereits zum
7. Mai 1945 findet sich im Tagebuch Schaitels der Eintrag, wonach die Mär, Studienrat Moser
sollte das Sigmaringer Bürgermeisteramt übernehmen, von Landrat Dr. Seifert herrühre10.
Dazu äußerte der Chronist: Moser wäre schön dumm, dem einzigen preuß. Staatsrat und einzigen
in Hohenzollern abgesetzten Beamten, steht der Posten des Reg. Präsidenten zun.

Am 20. Mai 1945 notierte Schaitel in sein Tagebuch: Die aktiven ehemaligen Zentrumsleute
, Stud.Rat Moser beim Gouverneur als Reg.Präsidenten vorzuschlagen, konnte bis jetzt noch
nicht ausgeführt werden ...12. Am folgenden Tag heißt es in der Quelle: Die Ernennung Mosers
als Reg.Präsident dürfte gesichert sein. Nachdem auch der Hechinger Gouverneur hier weilte,
wurde Moser gestern zum 2. mal zum hiesigen Gouverneur geladen. Als Bürgermeister von
Sigmaringen soll der von den Nazis abgesetzte frühere Bürgermeister Müller in Aussicht genommen
sein ...13.

Clemens Moser wurde nach Maximilian Schaitel am 30. Mai 1945 sodann offiziell in das
Amt des Regierungspräsidenten eingesetzt14. In Wahrheit ernannten die Franzosen Moser
zum »Präsidenten von Hohenzollern«, was, wie Fritz Kallenberg einmal ausführte, »zweifellos
eine Anerkennung der staatlichen Sonderstellung Hohenzollerns bedeutete«15. Das vom
ehemaligen Zentrum und anderen Gruppierungen als Bürgermeisterkandidat erkorene frühere
Stadtoberhaupt Egon Müller wurde am 23. Juli 1945 in das Amt eingeführt16. Diese beiden
Persönlichkeiten und Fürst Friedrich von Hohenzollern waren in den folgenden Jahren die
wichtigsten Sachwalter der hohenzollerischen Belange.

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß viele traditionell denkende Hohenzollern,
nachdem Preußen de facto zu bestehen aufgehört hatte, am liebsten einen eigenen Staat gesehen
hätten. Den politisch Denkenden und Handelnden war freilich klar, daß das Land allein
nicht existenzfähig war, sondern einen Partner benötigte. Einen Anschluß an Württemberg
oder eine Aufteilung des Landes auf Württemberg und Baden lehnte man freilich kategorisch
ab, sondern wünschte ein Aufgehen Hohenzollerns in einem Großschwaben, wie es bereits
der hohenzollerische Kommunallandtag 1919 in bezug auf die auch damals aktuelle Hohen-
zollernfrage beschlossen hatte17. Damit übereinstimmend, berichtete Maximilian Schaitel in

8 Generallandesarchiv Karlsruhe Nachlaß Gurk Nr. 3.117.

9 Zur Biographie des Zeitzeugen s. Johann Adam Kraus: Maximilian Schaitel gestorben. In: Hohenzollerische
Heimat 23 (1973), S. 63.

10 Schaitel (wie Anm. 3), S. 108.

11 Ebd.

12 Ebd. S. 129.

13 Ebd. S. 130.

14 Ebd. S. 141.

15 Kallenberg (wie Anm. 1), S. 227.

16 Schaitel (wie Anm. 4), S. 141; StAS Dep. 1 (Stadtarchiv Sigmaringen), Bd. 8 Nr. 76

17 Kallenberg (wie Anm. 1), S. 181f.; s. auch Otto H. Becker: Preuße oder Hohenzoller? In: Preußen
in Hohenzollern. Begleitband zur Ausstellung Sigmaringen 1995. Hg. vom Haus der Geschichte Baden-
Württemberg und dem Staatsarchiv Sigmaringen (Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Schwarz-
Goldene Reihe 2). Sigmaringen 1995, S. 123.


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