Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 35
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0049
Politische Identitätsbildung im Lande Württemberg-Hohenzollern

wollen sie eine Wiederherstellung Württembergs in den alten Grenzen. Pointiert gesagt: Das
oberschwäbische Identitätsbewußtsein entfaltet eine außerordentliche Kreativität bei den
Überlegungen zu einer sinnvollen Grenzziehung im Südwesten - ganz sicher will sie aber
eines nicht: die Wiederherstellung des alten Württemberg.

Zunächst soll gezeigt werden, daß es sich bei den Neugliederungsplänen, die nach 1945 besonders
im oberschwäbischen Raum diskutiert werden, eben nicht um reine und folgenlose
»Gedankenspiele« handelt (wie Wehling meint), um die Betätigung von Kränzeben, die in der
Bevölkerung keinerlei Widerhall finden (wie Carlo Schmid im Dezember 1945 behauptet).

Günther Bradler hält solchen Positionen gegenüber zu Recht fest, daß das »Oberschwaben
-Bewußtsein« nach 1945 eben doch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Inzwischen
zeigt die Dissertation von Jürgen Klöckler, daß in allen politischen Gründungsversuchen wie
auch in allen politischen Parteien Südwestdeutschlands »die Frage der politischen Neugliederung
des Südwestens« ein zentraler Punkt ist. Sowohl der Gedanke eines »Südstaates« analog
zur Neubildung von Nordwürttemberg-Nordbaden als auch ein »schwäbisch-alemannischer
« Staat hat viele beschäftigt. Wenn diese Gedanken nicht weiter in die Bevölkerung eindringen
, so ist dies - nach Jürgen Klöckler - nicht zuletzt massiver Behinderung durch die
französische Besatzungsmacht zuzuschreiben40. Noch eindrucksvoller kann Klöckler zeigen,
daß gegen prominente Vertreter des Neugliederungsgedankens wie Otto Feger ein völlig unbegründeter
Verdacht eines französischerseits geförderten »Separatismus« gestreut wird - und
dies nicht nur in der Zeit politischer Kämpfe bis zur Bildung des Landes Baden-Württemberg,
sondern skandalöserweise bis heute in der Forschungsliteratur41.

2.2. Zwei Schlüsselereignisse zum Verhältnis von Oberschwaben zum Südweststaat

Die Rolle Oberschwabens bei der Südweststaatbildung soll an zwei Ereignissen deutlich gemacht
werden. Das erste ist das Treffen der Staats- und Ministerpräsidenten der drei Länder
auf dem Hohenneuffen am 2. August 1948, das allgemein als ein Markstein auf dem Weg zum
Südweststaat gilt.

Eberhard Konstanzer schreibt dazu: »In Württemberg-Hohenzollern wurde der Gedanke
eines Südweststaates insbesondere von CDU-Kreisen in Oberschwaben und Hohenzollern
vertreten ... Schon wenige Tage nach der Bekanntgabe der Londoner Empfehlungen ... setzte
sich Ministerpräsident Maier ... mit seinem südwürttembergischen Kollegen Bock in Verbindung
... Maiers Vorschlag wurde in Württemberg-Hohenzollern begeistert begrüßt«42. Dies
sieht Konstanzer als klares südwürttembergisches Votum für Stuttgart und ein gleichsam erweitertes
Württemberg. Er übersieht dabei, daß Bock in der vorbereitenden Sitzung des Tübinger
Kabinetts ausdrücklich feststellt, daß eine Einigung im Südwesten nur im Sinne einer
»Dezentralisation« stattfinden könne. Konstanzer und seinen zahlreichen Nachrednern fällt
offenbar gar nicht auf, wie widersinnig es gerade für Bocks Politik gewesen wäre, wenn er erst
mit Zähnen und Klauen eine von Stuttgart unabhängige Verfassungs- und Schulpolitik betrieben
hätte, um diese dann bei erster Gelegenheit sofort und widerstandslos über Bord zu werfen
. Bei der zweiten Sitzung, am Vormittag des Hohenneuffer Treffens am 2. August 1948, ist
Bock nicht persönlich anwesend; er stirbt bekanntlich am 4. August. Es kommt hier zu einem
heftigen Streit zwischen Innenminister Renner (SPD) und Kultminister Sauer (CDU). Renner

40 Jürgen Klöckler: Abendland - Alpenland - Alemannien. Frankreich und die Neugliederungsdiskussion
im Südwesten 1945/47. Diss. Konstanz 1995, S. 323ff. Für die Möglichkeit der Einsichtnahme in
das noch ungedruckte Ablieferungsexemplar danke ich Herrn Klöckler herzlich.

41 Ebd.S.234ff.

42 Eberhard Konstanzer: Die Entstehung des Landes Baden-Württemberg. Stuttgart-Berlin-Köln-
Mainz 1969, S. 106f.

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