Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 47
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Gebhard Müller - Staatsmann zwischen Rumpfland und Länderneugliederung

abwerfenden Oberamts Münsingen. Die Ahnen des später bewußt enge Kontakte zur Landwirtschaft
pflegenden Politikers Müller waren Bauern aus Oberwilsingen und Magolsheim8.
Sein Vater, Johannes Müller (1865-1945), war aus der bäuerlichen Familientradition ausgebrochen9
und hatte das Lehrerseminar in Saulgau besucht, um sich zum Volksschullehrer ausbilden
zu lassen. Wenige Jahre später erhielt dort auch der spätere Zentrumspolitiker Matthias
Erzberger, gebürtig aus Buttenhausen/OA Münsingen, seine Ausbildung zum Lehrer. Johannes
Müller heiratete 1892 die aus Unterurbach/Oberamt Waldsee gebürtige Josefa Müller
(1871-1958), deren Familie nicht mit der seinen verwandt, ihr aber vom agrarischen Tätigkeitshintergrund
her sehr nahe war. Die Vorfahren von Josefa Müller waren Bauern in Unterurbach
, Kappel, Ostrach und Riedhausen, hatten also bis zur umfassenden Flurbereinigung
durch Napoleon zu den Untertanen der Oberen Landvogtei Schwaben unter österreichisch-
habsburgischer Herrschaft gezählt, während die Familie des Lehrers Müller von alters her zu
den Untertanen des Herzogtums Württemberg gehörte. In dieser Weise spiegelt die Geschichte
der Familie Müller, die ihren Platz bis dahin gewissermaßen an der Schnittstelle vom alten
zum neuen Württemberg hatte, auch ein Stück Geschichte des Raumes Oberschwaben'0 wider
, dessen überaus heterogene territoriale Struktur die Region prägte, was Gebhard Müller
gewiß von frühauf gegenwärtig war.

Die frühe Kindheit Müllers war geprägt vom katholischen Glauben, einer bodenständigen,
unhinterfragten Frömmigkeit, vom Leben in einem in fester Ordnung unter das Gebot des
Vaters unterworfenen Familienverband und von der alltäglichen Begegnung mit der Landschaft
, der Natur und nicht zum wenigsten mit der Landwirtschaft". Später zeigte sich der
Politiker im Ruhestand12 dankbar für die religiöse Erziehung, die ich genossen habe. Es war
eine selbstverständliche Religiosität, ohne Anfechtung, ohne Zweifel, man hielt das für selbstverständlich
. Und so sehr er auch Glaubenszweifel habe durchkämpfen müssen, so sei ihm der
Glaube vor allem in den Stadien des Lebens, die schwierig waren, Halt und Richtpunkt gewesen
. Zur Situation der Jugend meinte er, ihr Abgleiten in die Alternativszene sei auf mangelnde
religiöse Erziehung zurückzuführen. Darunter verstand er die Erziehung der Kinder zur
Gewissenhaftigkeit, zur Unterscheidung von Recht und Unrecht, zur Bindung an eine höhere
Ordnungan höhere Gebote.

Im Jahre 1906 zog die Familie nach Ludwigsburg um, wo der Vater eine neue Anstellung
an der katholischen Volksschule hatte. Den Söhnen war so eher die Möglichkeit zu einer guten
Schulbildung gegeben, und außerdem stellte sich Vater Müller finanziell besser damit. Ludwigsburg
, zweite Residenzstadt des württembergischen Königs, Stadt der Beamten und große
Garnisonsstadt, von der es hieß, daß jeder Pensionär zum Spazierengehen eine eigene Allee

8 Vgl. zur familiären Herkunft die genealogischen Aufzeichnungen im Besitz der Familie Müller sowie
Günter Randecker: Gebhard Müller und Alt-Magolsheim. Vor hundert Jahren wurden seine Eltern in
der Kirche zum Heiligen Dionysius getraut, in: Blättle. Wo die Alb am schönsten ist. Bad Uracher - Münsinger
- Zwiefalter Alb Nr. 93/Nov. 1992. Im folgenden orientiert sich die Darstellung der Lebensstationen
Müllers an den Unterlagen bei seinen Persönlichen Akten, die dem Vf. zur Auswertung vorlagen und
sich im Privatbesitz der Familie Müller (fortan zitiert als PFM) befinden.

9 Daher kann der Wertung Weinachts in GiW (wie Anm. 2), S. 210, Müller entstamme einer »katholischen
oberschwäbischen Volksschullehrerfamilie«, nicht beigepflichtet werden. Er entstammte einer Bauernfamilie
.

10 Vgl. zum Begriff Oberschwaben und zur Geschichte und Kultur der Region Peter Blickle (Hg.):
Politische Kultur in Oberschwaben. 1993; Peter Eitel/Elmar L. Kuhn (Hgg.): Oberschwaben. Beiträge
zu Geschichte und Kultur, Konstanz 1995; Hans-Georg Wehling (Hg.): Oberschwaben (Schriften zur
politischen Landeskunde Baden-Württembergs). Stuttgart-Berlin-Köln 1995.

11 KusTERMANN-Manuskript (wie Anm. 2), S. 3; Festgabe Müller (wie Anm. 2), S. 6.

12 KusTERMANN-Manuskript, S. 5.

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