Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 75
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0089
Akademie-Provisorium im provisorischen Staat. Die Kunstschule in Bernstein (1946-1955)

Im Dezember 1949 - inzwischen waren eineinhalb Jahre verstrichen - ließ sich das Kultministerium
zu einer Pro-Forma-Bescheinigung herbei: Die vom Verein der Freunde der Arbeitsgruppe
für Bildende Kunst, Bernstein bei Sulz, E. V. getragene Arbeitsgruppe für Bildende
Kunst, Bernstein bei Sulz, strebt auf gemeinnütziger Grundlage eine theoretische und praktische
Gesamtausbildung auf allen Zweigen des Kunsthandwerks (Malerei, Bildhauerei, Grafik,
Weberei und Töpferei) auf dem Weg gemeinsamen Kunstschaffens im Sinne der alten Kunsthandwerkerschulen
an^. Sie arbeitet daher mit Billigung und Unterstützung des Kultministeriums
und ist damit berechtigt, im allgemeinen Rechtsleben diejenigen Vorteile in Anspruch zu
nehmen, die den unter staatlicher Aufsicht stehenden Privatschulen eingeräumt werden. Ihre
Schulordnung wird vom Kultministerium gebilligt1"*. Aus diesem Zugeständnis waren keine
weiteren Verpflichtungen abzuleiten; insbesondere ergab sich daraus kein Förderautomatismus97
. Die Frage der staatlichen Anerkennung blieb bis zur Auflösung der Kunstschule in der
Schwebe98.

Die Gründe der Verweigerungshaltung sind undurchsichtig. Unklar ist, inwiefern die
staatliche Anerkennung an Bedingungen geknüpft wurde, die für die Kunstschule unannehmbar
waren99. Die Akten legen jedenfalls eine andere Begründung nahe. Aufschluß bietet ein
Schreiben des Kultministeriums Württemberg-Hohenzollern (Abwicklungsstelle) an die
Oberfinanzdirektion Stuttgart vom Oktober 1952. Darin führte der ehemalige Stellvertreter
und Nachfolger Rosengartens, Dr. Rudolf Holle, aus, die staatliche Anerkennung des Bildungsinstituts
sei auf Anraten des Kultministeriums Stuttgart bis nach Errichtung des Südweststaats
zurückgestellt worden, um den Weg für die Möglichkeit eines organisatorischen
Umbaues ... offenzulassen™. Es scheint demnach, daß die Ausrichtung der Landespolitik auf
die Bildung des Südweststaats die Schaffung vollendeter Tatsachen auf dem Gebiet der Künstlerausbildung
verhindert hat. Damit ist ein Grundsatzproblem des »Staats-Provisoriums«
Württemberg-Hohenzollern angesprochen.

3.2.2 Landratsamt Horb, Finanzamt Rottweil, Bezirksbauamt Rottweil
Das Landratsamt Horb stand den Aktivitäten der Arbeitsgruppe für bildende Kunst in der
Person des Landrats Hugo Schneider101 bis ins Jahr 1951 hinein aufgeschlossen gegenüber.
Schneider fungierte als Mitglied des Bernstein-Ausschusses und als stellvertretender Vorsitzender
des Vereins »Freunde der Arbeitsgruppe für bildende Kunst«. Die Haltung des Landrats
wandelte sich mit dem Kunststreit in Bernstein. Schneider stellte sich im Verein mit dem Vorsitzenden
des Volksbildungswerks Horb, Dr. Hank, an die Spitze der Anti-Grieshaber-Bewe-
gung; es gelang ihm, die öffentliche Meinung gegen die Bernsteinschule einzunehmen102. In den
Jahren 1952-1955 betrieb der Landrat die Liquidation des Unternehmens - mit Erfolg103. Ich

95 Man beachte die typologische Einordnung!

96 Bescheinigung vom 8.12.1949: Archiv Margot Fürst, Stuttgart. - Am 17.3.1950 wurde bestätigt, dass
die Arbeitsgruppe für Bildende Kunst in Bernstein (Leitung: Paul Kälberer) staatlich genehmigt ist und
durch staatliche Zuschüsse gefördert wird. Ebd.

97 Vgl. Archiv Margot Fürst, Stuttgart: Volkshochschulheim Inzigkofen an Paul Kälberer, 27.1.1950.
Volkshochschulheim Inzigkofen an Paul Kälberer, 28.3.1950.

98 Vgl. StAS Wü 65/13 Bd. 3 Nr. 198 und Kälberer-Archiv, Sulz-Glatt: Paul Kälberer an Hans Ludwig
Pfeiffer und Riccarda Gohr, 29.12.1950.

99 Christine Dietz: Paul Kälberer und die Kunstschule Bernstein (wie Anm. 22), S. 46.

100 HStAS EA 3/201 Bü. 3: la (20.10.1952). Vgl. Hochstuhl (wie Anm. 21), S. 420.

101 Zur Person: Renate Karoline Adler in: Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und
Landratsämter in Baden-Württemberg. 1810 bis 1972. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft der Kreisarchive
beim Landkreistag Baden-Württemberg. 1996, S. 506.

102 Vgl. Rüth: Tradition gegen Avantgarde (wie Anm. 27), S. 72-76.

103 StAS Wü 65/13 Bd. 3 Nr. 198. HStAS EA 3/201 Bü. 3: 29.

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