Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 200
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0214
Helmut Weißhaupt

mermanns durch die Nazi-Schergen ganz Meßkirch. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war den
Meßkirchern bewußt geworden, daß mit den Nationalsozialisten und ihrem Terror nicht zu
spaßen war. Von nun an galt es vorsichtig zu sein mit dem was man tat und sagte. Denn wer
wußte, ob man nicht eines Tages das gleiche Schicksal erleiden würde wie Zimmermann, der
sein Mißtrauen und seine Kritik offen darlegt hatte49.

Zur Verhaftung war es gekommen, nachdem das »Heuberger Volksblatt« für die letzten
drei Apriltage ohne Angabe von Gründen erneut verboten wurde. Am 1. Mai brachte Zimmermann
mit Erlaubnis des Bezirksamtes wieder eine Ausgabe heraus. Dies diente den Nationalsozialisten
als Vorwand, sich am Abend des 2. Mai vor dem Gebäude der Zeitung zu versammeln
. Rund 100 nicht uniformierte Leute tobten vor dem Haus und beschwerten sich über
Zimmermanns Vorgehen. Etliche drangen in das Gebäude ein und durchstöberten alle Räume
auf der Suche nach dem Redakteur. Die kurz danach erschienene Polizei nahm Zimmermann
in Schutzhaft, um ihn, wie es im Nazisprachgebrauch hieß, vor der wütenden Menschenmenge
in Schutz zu nehmen. Auf dem Dach wurde die Hakenkreuzfahne gehißt und die SA schob
über Nacht Wache vor dem Gebäude. Zimmermann wurde nur kurz in Meßkirch eingesperrt,
und noch am gleichen Abend von der SA nach Stockach transportiert. Nur durch die Vermittlung
des Stadtpfarres Otto Meckler und der Zusage, daß Zimmermann für längere Zeit den
Bezirk Meßkirch verlassen werde, wurde er am darauffolgenden Morgen wieder freigelassen.

Für Meckler, seit Februar Aufsichtsratsvorsitzender des »Heuberger Volksblatts«, stellte
sich nun die schwierige Frage nach der Weiterführung der Zeitung. Er hatte nur zwei Möglichkeiten
: Entweder ein angedrohtes Zeitungsverbot auf mindestens vier Wochen in Kauf zu
nehmen, was einen enormen Abonnentenschwund bedeutet hätte, oder den 33 Jahre lang als
Redakteur tätigen Zimmermann zu entlassen, um damit die örtlichen Parteioberen zu beruhigen
. Um das »Heuberger Volksblatt« in dieser Situation weiterführen zu können entschied
sich der Meßkircher Stadtpfarrer, nach Rücksprache mit Mitgliedern des Zentrums, dem
Bezirksklerus und mit Genehmigung des Erzbischöflichen Ordinariats für die Entlassung des
63jährigen Redakteurs. Zimmermann, von Meckler wegen seines cholerischen Charakters als
Mussolini des Heubergs und bestgehaßten Mann des ganzen Bezirks bezeichnet, wurde mit einer
monatlichen Pension von 500 RM abgefunden50.

Am 4. Mai erschien das Volksblatt unter der Verantwortung von Pfarrer Meckler, nun nicht
mehr als Organ der Zentrumspartei sondern als Katholische Tageszeitung. Wie der Leser an
diesem Tage erfuhr, hatte der Aufsichtsrat und Vorstand... beschlossen, das >Heuberger Volksblatt
' künftig als katholische Tageszeitung im Geiste und auf dem Boden der nationalen Neuordnung
in Deutschland zuführen und die Regierung in Reich und Land in positiver Mitarbeit
zu unterstützen''1. Tags darauf wurde die gesamte Schriftleitung Oskar Köhler aus Karlsruhe
übertragen.

Albert Zimmermann durfte zwar kurzzeitig wieder nach Meßkirch zurückkehren, wurde
aber bereits Ende Juli wieder in Schutzhaft genommen und ins nahe KZ Heuberg bei Stetten
gebracht. Auf Antrag der Meßkircher Ortsgruppe mußte er nach Beendigung seiner KZ-Haft
Meßkirch endgültig verlassen. Daraufhin verlegte er seinen Wohnsitz nach Riedlingen'2. Dem
nun gleichgeschalteten Volksblatt war die zweite Verhaftung seines langjährigen Redakteurs
lediglich eine kurze Anmerkung wert: In Schutzhaft genommen wurde gestern nachmittag in
Meßkirch Redakteur A. Zimmermann".

49 Bericht des Zeitzeugen Josef Tscholl.

50 Erzbischöfliches Archiv Freiburg B2-43-3.

51 H.V. vom 2.5.1933.

52 BoRu vom 15.7.1933.

53 H.V. vom 27.7.1933.

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