Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 207
(PDF, 85 MB)
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EDWIN ERNST WEBER

Sophie Scholl

und das weibliche Reichsarbeitsdienstlager Krauchenwies

Das fürstliche Schloß war für die Gemeinde Krauchenwies von jeher das Tor zur Welt, das die
Dorfbewohner als Zaungäste sowohl mit dem Glanz wie mitunter auch den Schattenseiten der
Geschichte in Berührung brachte. Die Bandbreite reicht dabei von rauschenden Festen und
illustren Gästen in der fürstlichen Neben- und Sommerresidenz im 18. und 19. Jahrhundert1
bis zum Malteserheim für unterernährte und erholungsbedürftige Kinder in den 1950er und
1960er Jahren und der behelfsweisen Unterbringung von vietnamesischen »boat-people« in
den mittlerweile heruntergekommenen Schloßgebäuden in den 1970er und 1980er Jahren2.
Eine Sonderstellung nimmt in der mannigfaltigen Nutzungs-Geschichte des Krauchenwieser
Landschlösschens die Zeit des Dritten Reiches ein, als das Schloß mit seinen Nebengebäuden
innerhalb von nur acht Jahren zunächst als Landjahrlager, sodann zeitgleich als Lager für den
weiblichen Reichsarbeitsdienst, als Heim für evakuierte Mütter und Kinder und als Kriegshilfsdienstlager
der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und schließlich zum Kriegsende
hin noch als Miliz-Quartier für die in Sigmaringen untergekommene französische Vichy-Re-
gierung, als Stützpunkt des Berliner Reichssicherheitshauptamtes sowie als Soldaten-Lazarett
Verwendung findet3. Auf die Nutzung des Schlosses als RAD-Lager von 1940 bis 1944 geht
die Beziehung von Krauchenwies zur Widerstandskämpferin Sophie Scholl zurück, nach deren
Namen am 26. Juli 1997 in ehrendem Gedenken die erweiterte Grund- und Hauptschule
der Gemeinde benannt worden ist.

Als die damals 19jährige Sophie Scholl am 6. April 1941 zur Ableistung des seit Kriegsbeginn
1939 auch für Mädchen obligatorischen Arbeitsdienstes nach Krauchenwies kommt,
ist die damals preußisch-hohenzollerische Gemeinde einer von insgesamt fünf Standorten von
RAD-Lagern für die weibliche Jugend im Gebiet des heutigen Landkreises Sigmaringen.
Weitere Lager sind in den ehemaligen Klöstern von Inzigkofen und Wald, im alten Oberamtsgebäude
von Gammertingen und schließlich im späteren Hotel Hofgarten in Meßkirch untergebracht
; Lager für den männlichen Reichsarbeitsdienst finden sich in Sigmaringen in

1 Einen Eindruck vom gesellschaftlichen Leben an der damaligen Sommerresidenz des Sigmaringer Fürstenhauses
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermittelt Carl Holl: Das Leben ein Kampf oder
Zweiundfünfzig Jahre im Thale der Zähren. Der originelle, wahrheitsgetreue Lebenslauf eines Vielgeprüften
. Mengen 1884, S. 3-6.

2 Zur Nutzung des Schlosses durch den »Verein Malteser Kinderheim Schloß Krauchenwies« seit 1949
vgl. StAS Ho 199 Bd. 4 Nr. 233, GA Krauchenwies, Flattich-Registratur Az. 7235; nach der Aufgabe des
Malteserheims wurde das Schloß zeitweise von der Sigmaringer Fachhochschule der Bundesfinanzverwaltung
sowie als Wohnheim der Sigmaringer Modefachschule genutzt (Mitteilung von Bürgermeister Heinz
Schöllhammer, Krauchenwies, v. 18. 6. 1997).

3 Zur Nutzung von Schloß und Nebengebäuden während des Dritten Reiches und in der Nachkriegszeit
vgl. StAS Dep. 39 (Fürstliches Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv Sigmaringen - FAS) DS 122
Bd. 1 Nr. 195 (Vermietung des Schlosses Krauchenwies 1919-1968) sowie FAS DS 122 Bd. 2 Nr. 74 (Mietzinse
aus Gebäuden 1944/45-1947/48).

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