Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 261
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0275
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

deren Abtransport über längere Zeiträume ganze Transportkolonnen eingesetzt waren, auch
in den folgenden Jahren fortgeführt428.

Uber die Situation der Industrie im Kreis Hechingen unmittelbar nach dem Krieg berichtet
das »Schwäbische Tagblatt«: »Das beherrschende Problem der Industrie im Kreis Hechingen
ist die sehr schwierige Rohstoffbeschaffung. Sie gestattet nur einem Teil der Betriebe das
Arbeiten und dies nur bei verkürzter Arbeitszeit. In zweiter Linie steht der Kohlenmangel. Mit
60 Prozent der Industrie nehmen die Trikotagenfabriken die führende Stellung im Kreis ein.
Ihre Sitze sind vorzugsweise Hechingen, Bisingen und Burladingen. Fast ausschließlich wird
Herrenunterwäsche hergestellt. Die Fabriken erledigen Aufträge der Besatzungsmacht«429.

Ein ausführlicher Bericht, die Burladinger Industrie während der Besatzung betreffend:
»Unsere einheimische Industrie, bis zum Krieg das wirtschaftliche Rückgrat der Gemeinde
und der Impuls ihres Aufstiegs in den Friedensjahren zwischen den beiden Weltkriegen, hat
einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen. 1500 Arbeiter von hier und aus den Nachbarorten
fanden früher in der Burladinger Industrie guten Verdienst, heute zählen die hiesigen Industriebetriebe
zusammen etwa 500 Beschäftigte, die durchweg kurzarbeiten, drei bis fünf Tage
in der Woche. Etwa 400 arbeiten in den Burladinger Textilfirmen, von denen acht wieder in
Betrieb sind, weitere 100 in den während des Krieges von auswärts nach Burladingen verlagerten
Metallbetrieben. Eine Strukturveränderung, deren Dauer jedoch noch nicht abgeschätzt
werden kann, hat das gewerbliche Burladingen durch diese Verlagerung erfahren. In den Betriebsräumen
der Firmen Benedikt Fauler, Ambrosius Heim und Johann Sauter hatten sich
Abteilungen der weltbekannten Stuttgarter Firma Robert Bosch, elektrotechnische Fabrikation
, niedergelassen. Mehrere 100 Personen arbeiteten im Lichtwerk und im Oelerwerk dieser
Firma. Zur Zeit geht die Produktion in den Bosch-Werkstätten aller drei Betriebe weiter.

Bei Alois Mayer war die Werkzeugfabrik Kelch & Co aus Leonberg untergekommen, die
ebenfalls wieder in Betrieb ist, und in der gleichen Fabrik arbeitete Karl Leonhardt, Wäsche-
fabrikation Köln. Leonhardt hat inzwischen den Betrieb in das frühere Gasthaus >Zum
Schwanen< verlegt und will in Bälde wieder arbeiten. Diese Aufzählung und die Zahlen allein
ergeben noch kein Bild der Lage. Hinzu kommt der große Mangel an Rohstoffen sowie die
geringe und unrentable Betriebsausnützung. Nur wenn es gelingt, die derzeitigen Schwierigkeiten
zu beheben, kann die Burladinger Industrie gedeihlich weitergeführt werden und der
Gemeinde, die heute so wenig wie früher von ihrer Landwirtschaft leben kann, die Grundlage
ihrer wirtschaftlichen Existenz erhalten werden«430.

Die spärlichen historischen Quellen bezüglich des Abtransports von Rohstoffen und Fertigwaren
aus den Burladinger Fabriken verdeutlichen zumindest, daß solche Reparationen
keineswegs auf Städte beschränkt blieben, sondern auch in Landgemeinden durchgeführt
wurden.

Gleichzeitig gilt auch für diesen Themenkomplex der französischen Besatzung, daß die
Zeitzeugen kaum schriftliche Aufzeichnungen angefertigt haben, heute außer den mündlichen
Überlieferungen wenig Informationsmaterial zur Verfügung steht. »Nach dem Abzug
der Kampftruppen kamen zwei Trainkolonnen hierher, die immer wieder raubten und
plünderten. Zuerst wurden die verlagerten Militärdepots ausgeräumt, dann ging es an den
Privatbesitz der Fabriken. Es wurde restlos ausgeräumt, ob die Maschinen bleiben, ist noch
ungewiß«431.

Die Schreiben zweier Burladinger Fabrikanten an das Gouvernement Militaire enthalten
Angaben hinsichtlich der Requirierungen von Waren im Mai 1945: »Am 26.5.1945 sind zehn

428 Vgl. Gustav von Schmoller: Württemberg-Hohenzollern unter der Last der französischen Besatzung
. In: Gögler, Richter (wie Teil 1, Anm. 123), S. 227.

429 Schwäbisches Tagblatt, 22.3.1946.

430 Schwäbisches Tagblatt, 22.10.1946.

431 Chronik der katholischen Pfarrgemeinde Burladingen.

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