Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 263
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0277
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burlaclingen (1945-1948)

die leistungsfähigsten Maschinen aus den Fabriken weg und hinterließen leere Räume«437.
»Die haben ja hier auch die ganzen Fabriken ausgeräumt. Beim Fauler haben sie, glaube ich,
über 200 Lastwagen aufgeladen. Sie haben alles aufgeladen«438.

Ein Zeitzeuge verbindet die Reparationen mit dem anschließenden wirtschaftlichen Aufschwung
- ein Exempel für die Diskrepanz zwischen Realität und Rekonstruktion. Den Abtransport
der Maschinen hat Herr D. im Jahr 1945 höchstwahrscheinlich nicht in der heute geschilderten
Weise erlebt; die nachfolgenden Umstände sowie die momentane Lebenssituation
werden bei seiner Erinnerung unbewußt berücksichtigt und entwerfen so ein positives Bild einer
damals belastenden Situation. »Die Franzosen hatten dann ja gleich nach dem Krieg 1945
die schönsten und besten Maschinen mitgenommen. Die wurden abgebaut und ab nach
Frankreich. Und dadurch, daß natürlich die Franzosen die neuesten Maschinen mitgenommen
haben, waren ja die Deutschen gezwungen, neue zu machen. Und die sind dann eben
gleich so gemacht worden, daß man die anderen weit übertrumpft hat, die fort waren. Und
dadurch ist bei uns in Deutschland der Aufschwung gekommen, und in Frankreich ist es
zurückgegangen. Wir waren ja nachher viel besser gestellt als die Franzosen; aber nur dadurch,
weil wir gezwungen waren, neue Maschinen zu konstruieren«439. »Sie sind ja auch gleich die
ersten zwei, drei Tage, als dann noch ein Durcheinander war, sind sie ja auch in die Firmen
hinein und haben die Maschinen zusammengeschlagen. Also nur so mit dem Hammer alles
heruntergehauen. Marokkaner und Franzosen. Das war eben Zerstörungswut. Wenn man
etwas erobert, muß eben alles kaputt sein. Und dann haben sie alles weggeschafft. Da haben sie
ja alle Maschinen nach Frankreich mitgenommen, da haben sie ja alles aufgeladen. Die Firmen
haben schon noch Maschinen gehabt, aber die guten haben sie (die Franzosen, d.V.) schon mitgenommen
. Bei uns in der Firma war ein Offizier, und der muß in Frankreich eine Textilfirma
gehabt haben, weil er alle Nähmaschinen mitgenommen hat, die neuen Nähmaschinen. Der
hat sich da ganz genau ausgekannt. Und die Nadeln dazu und alles. Der muß sich da genau
ausgekannt haben, weil die alten Maschinen standen dann noch da. Aber die neuen, die hat er
alle mitgenommen«440.

Die Informanten/innen erinnern sich an die Schwierigkeiten der industriellen Entwicklung
nach dem Krieg, betonen aber, daß später auch in diesem Bereich wieder positive Tendenzen
zu verzeichnen gewesen seien. »Ich bin im August 1945 wieder heimgekommen. Und was war
da? Da war eben nichts los. Die Fabriken waren praktisch alle zu, da war hier nichts als der
Bosch in den Firmen drin. 45 war ja gar nichts mehr los, und im Januar 46 oder so wollte ich
meinem Beruf wieder nachgehen. Dann sagte der alte Fauler: Ach was, jetzt gehst du einmal
zum Bosch, bis wieder etwas ist. Ich habe dann das Lager verwaltet und die Kleinteile immer
hergerichtet zum Produzieren. Dann hat man beim Fauler am Anfang ja Reichsmark-Lohn
bekommen, und für zehn Prozent konnte man dann Ware kaufen. Sagen wir einmal Wolle
oder irgendein Strickteil oder so etwas, für zehn Prozent vom Lohn. Das hat natürlich nicht
jeder gemacht, aber immerhin gab's die Möglichkeit. Und mit diesem konnte man sich dann
schon ein bißchen etwas leisten. Ich meine, für die Franzosen mußte man nicht unbedingt
arbeiten, aber man hat dann einen Auftrag bekommen von der französischen Besatzungsmacht
, so- und soviel Pullover oder Schals oder irgend etwas. Da hat man dann auch wieder
Garn zugeteilt bekommen, da war dann eine Verteilungsstelle in Tübingen und eine in Stuttgart
. Da kam dann so- und soviel Garn, und da mußte man so- und soviel Pullover oder Hemden
davon machen. Die Trikotfabriken haben dann Hemden gemacht. Ich meine, ein bißchen
etwas ist da natürlich schon noch hängengeblieben, auch für die Fabrikanten dann. Die Fabriken
sind dann natürlich so langsam wieder angelaufen. Es hat ja jeder noch ein bißchen alte

437 Burladinger Heimatbuch, S. 118.

438 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

439 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

440 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

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