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Andreas Zekorn

5.3. NEUE SOZIALE TRÄGERSCHICHT DER REVOLTE

Als neue Trägerschicht der Revolution war das Bildungsbürgertum zum alten traditonalen,
handwerklich orientierten Stadtbürgertum hinzugekommen. Dieses Bildungsbürgertum
war, wie beschrieben, in Sigmaringen stärker ausgeprägt als in Hechingen. Weil gerade die
Radikaldemokraten unter den Bildungsbürgern die erst erkämpften Protest-, Organisationsund
Publikationsmöglichkeiten nutzten, wird erklärlich, warum in Hechingen diese Formen
weniger in Erscheinung traten. Und diese radikalen Demokraten wiederum verschärften das
revolutionäre Geschehen in Sigmaringen.

5.4. DIE GEISTLICHKEIT

Wesentlich, vor allem in Hohenzollern-Hechingen, war die Beteiligung der Geistlichkeit als
Teil der Bildungsschicht an der Revolution von 1848/49. Liberale, von dem aufgeklärten
Konstanzer Generalvikar Wessenberg geprägte Geistliche wirkten in Hohenzollern-
Hechingen vor allem als »Motoren« der Revolution, allerdings nicht in radikal-republikanischem
Sinne. Es waren die gemäßigt liberalen Pfarrer Josef Blumenstetter (Nationalversammlungsabgeordneter
) und Johannes Diebold, welche die Revolution in Hechingen
nachhaltig beeinflußten. Insbesondere Blumenstetter lenkte das revolutionäre Geschehen in
gesetzliche Bahnen.

In Sigmaringen dagegen konnte die Geistlichkeit nicht den gleichen Einfluß nehmen, hier
standen die Radikaldemokraten um Würth im Vordergrund. Dennoch spielten auch in
Sigmaringen Kleriker eine wichtige Rolle, vor allem die Pfarrer Joseph Sprißler (Nationalversammlungsabgeordneter
), der mehr Stimmen als Würth bei den Wahlen zur Nationalversammlung
erhielt, und Silvester Miller. Mit dem von Thomas Geiselhart redigierten »Volksfreund
« hatte die ultramontane Richtung70 ein zentrales Presseorgan, das dem radikaldemokratischen
»Erzähler« Paroli bot71. Die Geistlichkeit war neben den bürgerlichen
Intelektuellen ein Träger der Revolution. Das politische Engagement zahlreicher Pfarrer, die
entweder von Wessenberg geprägt waren oder anderen kirchlichen Richtungen anhingen, ist
damit ebenfalls als ein neues Element bei der Revolution 1848 anzusehen.

5.5. KOOPERATION DER REVOLUTIONÄRE

In der Zeit vor 1806 läßt sich ein gemeinsames Vorgehen der Untertanen bei Auseinandersetzungen
innerhalb des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen nur sehr selten beobachten
und direkt belegen; es gab also beispielsweise kaum eine Kooperation der Einwohner der
Grafschaft Sigmaringen mit denjenigen der Grafschaft Veringen gegen ihren gemeinsamen
Landesherrn, die Grafen und Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen. Häufiger hingegen
kann man ein zeitliches Zusammenfallen von Erhebungen der Untertanen verschiedener
Herrschaften, auch außerhalb Hohenzollerns, gegen ihre Herren feststellen. Dies ist ein Indiz
dafür, daß Untertanen durch zeitgleiche Erhebungen in anderen Territorien zu Widersetzlichkeiten
ermutigt und dadurch die Auseinandersetzungen in den einzelnen Herrschaften
verschärft wurden; zum Teil mögen dahinter direkte Absprachen gestanden haben, wie
sich zumindest in einem Fall belegen läßt72. Sehr viel öfter ist dagegen ein Konkurrenzver-

70 Die Ultramontanen strebten nach einer Unabhängigkeit der Kirche vom Staat und nach einer strafferen
kirchlichen Organisation, was eine Stärkung der päpstlichen Position bedeutet hätte (Ebd., wie Anm.
4, S. 105).

71 Ebd., S. 30 f., S. 37, S. 89 f. und öfter.

72 Winfried Schulze: Bäuerlicher Widerstand und feudale Herrschaft in der frühen Neuzeit. Stuttgart
1980, S. 51 ff., S. 67ff., S. 118; Martin Zürn: »Ir aigen libertet«. Waldburg, Habsburgund der bäuerliche

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