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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0036
Andreas Zekorn

der Revolution in Baden und der Rau'sehen »Schilderhebung« in Württemberg zum Nachlassen
des revolutionären Elans in Sigmaringen bei76. Es gab also 1848 insgesamt zwar kein
geschlossenes länderübergreifendes Vorgehen, sondern im äußersten Fall gewisse Absprachen
, doch stellen diese ein Novum bei den Auseinandersetzungen der Untertanen mit ihrer
Herrschaft dar.

5.6. NEUARTIGER KONFLIKTAUSTRAG

Bis 1806 hatten die verschiedenen österreichischen Instanzen für Sigmaringen und die
Reichsgerichte für Hechingen als ausgleichende Momente - mit unterschiedlichen Erfolgen -
gewirkt77. Bei der Revolution von 1848/49 war nun neu, daß Herrschaft und Untertanen in
beiden hohenzollerischen Fürstentümern direkt bzw. ohne vermittelnde Instanzen aufeinandertrafen
. Das Wegfallen einer übergeordneten Rechtsinstanz stellte also ein neues Element
dar. Die Provisorische Zentralgewalt in Frankfurt konnte die Rolle einer solchen Einrichtung
nicht übernehmen.

Die Herrschaft in beiden Staaten mußte 1848/49 angesichts ihrer Schwäche - es war nur
wenig bzw. kein zuverlässiges Militär vorhanden - zunächst nachgeben. Zu einem rechtlichen
Austrag der Konflikte konnte es mangels übergeordneter Instanzen nicht kommen. Als
der Konflikt in Sigmaringen immer mehr eskalierte, rief Erbprinz Karl Anton im Mai 1848
bayrische Truppen zu Hilfe, um die Autorität der Regierung wieder herzustellen78. Erst nach
dem militärischen Eingreifen wurden die Auseinandersetzungen zunächst weiter auf dem
Verhandlungsweg, im Landtag, ausgetragen. Dort konnten jedoch nicht alle anstehenden
Problempunkte gelöst werden. Bezeichnenderweise erzielte man ohne externen Vermittler
auch später, nach dem außerordentlichen Landtag, in zentralen Fragen (Domänen, Zehntrechte
) keine Einigung. Nach dem revolutionären Schub im September 1848 holte der Fürst
über die Frankfurter Zentralgewalt erneut bayrisches Militär nach Sigmaringen, um seine
Herrschaft wieder zu festigen79. Endgültig beendet wurde die Revolution durch den Einmarsch
preußischen Militärs und durch den staatsrechtlichen Übergang der Fürstentümer an
Preußen.

In Hechingen war dagegen ein militärisches Eingreifen - mit Ausnahme im Fall von Steuerverweigerungen
- nach der weitgehenden Beendigung der Revolution im Mai 1848 nicht
erforderlich. Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten erwies sich die fürstliche Herrschaft
als äußerst nachgiebig. Dies ist wohl nicht zuletzt in der Person von Fürst Friedrich Wilhelm
Konstantin begründet, der nur wenig Interesse an Politik hatte80. Zudem wirkte vor allem
Pfarrer Blumenstetter stark mäßigend auf das revolutionäre Geschehen ein. So wurden in
Hechingen wegen einer gewissen Herrschaftsschwäche und der geringeren Radikalisierung
der Revolutionäre die Auseinandersetzungen nicht gewaltsam ausgetragen. In früheren Jahrhunderten
hingegen wurde bei den Konflikten häufig militärische Gewalt eingesetzt81. Das
eigentliche Ende fand die Revolution 1848 in Hechingen ebenfalls mit dem Übergang an
Preußen.

Wichtig ist festzuhalten, daß in Hohenzollern-Sigmaringen 1848 erstmals ein Konflikt unter
einem sehr massiven und wiederholten Einsatz von Militär ausgetragen wurde, nachdem

76 Gönner (wie Anm. 4), S. 132 ff., S. 136; Vogt, Posaune der Freiheit (wie Anm. 75), S. 56 f. Vgl. dazu
auch die Beiträge von Vogt und Zekorn in dem vorliegenden Band der Zeitschrift für Hohenzollerische
Geschichte.

77 Zu Hechingen vgl. die unter Anm. 2 genannte Literatur von V. Press; zu Sigmaringen: Zekorn (wie
Anm. 6).

78 Gönner (wie Anm. 4), S. 80 ff.

79 Gönner (wie Anm. 4), S. 125 f., S. 134 ff., S. 137 ff.

80 Kallenberg, Sonderentwicklung Hohenzollerns (wie Anm. 15), S. 153.

81 Cramer, Grafschaft Hohenzollern (wie Anm. 10), S. 289^112.

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