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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0041
Fünf Tage, die das Fürstentum erschütterten

schicken, er war der Politiker, über den man in den zurückliegenden Wochen am meisten geredet
hatte. In der Ständeversammlung, dem außerordentlichen Landtag, der im Juli und August
in Sigmaringen tagte, hatte der Abgeordnete Carl Otto Würth die radikalsten Reden gehalten
. Er war stets dafür eingetreten, die alten Rechte des Fürsten ersatzlos zu streichen,
denn sie bürdeten den Landeskindern hohe finanzielle Lasten auf. Eine radikale Steuerreform
zu fordern, hatte Würth Sympathien eingetragen. Im gesamten Fürstentum wurden am
23. September 5712 Stimmen abgegeben. 5045 von ihnen fielen auf den Hofgerichts-Advoka-
ten5. Das Wahlergebnis in der Gemeinde Trillfingen ist sicherlich nicht wesentlich anders
ausgefallen als im gesamten Fürstentum. In der viertgrößten Gemeinde des Oberamts Haigerloch
dürfte der Name des Sigmaringer Rechtsanwalts am Wahltag mehr als hundertmal
genannt worden sein6.

Während der zurückliegenden sechs Monate hatte sich das politische Klima auch im
Oberamt Haigerloch dramatisch gewandelt. Die Nachrichten über den Ausbruch der
Revolution in Frankreich, die sich Ende Februar, Anfang März 1848 in Windeseile verbreiteten
, brachten das gesamte Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen in Bewegung. Die Bürgerversammlungen
in Empfingen und Sigmaringen am 4. März 1848, in denen Petitionen an den
Fürsten und seine Regierung verabschiedet wurden7, sind die bekanntesten, aber keinesfalls
die einzigen Kundgebungen dieser Tage. In Haigerloch kamen am 8. März 1500 bis 1600
Menschen zu einer Volksversammlung zusammen, verabschiedeten eine 33 Forderungen umfassende
Bittschrift und wählten eine Delegation, die die Petition nach Sigmaringen bringen
sollte8. Die Volksversammlung in Haigerloch scheint einigermaßen geordnet verlaufen zu
sein, Oberamtmann Eduard Clavel jedenfalls vermochte in ihr Beweise von Ordnungsliebe
zu erkennen und vernahm nur wenige Drohungen von Einzelnen. Clavel wandte sich trotzdem
vier Tage nach der Versammlung in einem Rundschreiben an die Gemeinden seines
Oberamtsbezirks mit der Aufforderung, ungesezlicbes Handeln, welches nur das eigene Unglück
der Frevler und ihrer Familie zur Folge haben würde, zu unterlassen*. Möglicherweise
reagierte Clavel mit seinem Rundschreiben auf die Ereignisse im Fürstentum Hohenzollern-
Hechingen am Tag zuvor, am 11. März, als aufgebrachte Bauern Fürst Friedrich Wilhelm
Constantin in Bedrängnis gebracht und zu erheblichen Zugeständnissen gezwungen hatten.
Das Gerücht jedenfalls, das sich in Sigmaringen bald darauf verbreitete und von einem unmittelbar
bevorstehenden Zug aufständischer Bauern aus dem »Unterland« kündete10, deutet
darauf hin, daß Clavels Mahnung einen realen Hintergrund hatte.

5 Verordnungs- und Anzeige-Blatt Sigmaringen Nr. 42/15.10.1848 S.411. Das Wahlergebnis wurde am
13.10.1848 in Sigmaringen von der Fürstlichen Geheimen Conferenz verkündet. Außerhalb der Stadt
dürfte das Ergebnis erst mit der Verbreitung des regierungsamtlichen Verordnungsblattes bekannt geworden
sein.

6 Nach dem Hof- und Address-Handbuch des Fürstenthums Hohenzollern-Sigmaringen. Stuttgart und
Sigmaringen 1844. S. 225, 250, hatten das Fürstentum im Jahre 1844 44.255 Einwohner und 6860 Bürger,
Trillfingen 1064 Einwohner. Unter der Annahme annähernd gleicher Zahlen für 1848 und eines annähernd
gleichen Verhältnisses von Einwohnern und Bürgern hätten in Trillfingen am 23.09.1848 von rund
165 Bürgern gut 135 gewählt, davon etwa 120 Würth. Josef Schäfer, Revolution (wie Anm. 4) S. 18 beziffert
die Einwohnerzahl Trillfingens im Jahre 1848 allerdings mit nur 800.

7 Eberhard Gönner, Revolution (wie Anm. 2) S. 36-40.

8 Willibald Zimmermann: Empfinger Heimatbuch. Hechingen o. J. (um 1938). S. 20 f. Eberhard
Gönner, Revolution (wie Anm. 2) S. 43 f. kennt die Versammlung in Haigerloch nicht, erwähnt aber die
»Abordnung von 60 Männern« aus dem Oberamt Haigerloch, die die Petition übergab.

9 Gemeindearchiv Hart A 852, frdl. Mitt. Andreas Zekorn. Zu Clavel vgl. Die Amtsvorsteher der Oberämter
, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg 1810 bis 1972. Stuttgart 1996. S. 209.
Andreas Zekorn: Oberamtmänner und Landräte im Gebiet des heutigen Zollernalbkreises 1806-1992.
In: Zollernalb-Profile Bd. 3. Balingen 1993. S. 27-69, hier S. 63 f.

10 Eberhard Gönner, Revolution (wie Anm. 2) S. 45. Das »Unterland« des Fürstentums Hohenzollern
-Sigmaringen umfaßte die Amter Glatt und Haigerloch. Zum Amt Glatt gehörten die Gemeinden

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