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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0042
Rolf Vogt

Der »Franzosenlärm«, die landauf landab verbreiteten Gerüchte über den bevorstehenden
Einfall französischer Aufständischer, brachte Ende März noch einmal erhebliche Unruhe,
doch wahrscheinlich beruhigten sich die Gemüter im Oberamt bald danach wieder. Das Geschehen
in der Landeshauptstadt Sigmaringen, in den Nachbarstaaten und im Deutschen
Bund wurde allerdings weiterhin mit Aufmerksamkeit registriert. Dafür sorgten bereits die
Wahlen, die im Frühjahr 1848 die Bevölkerung in starkem Maße beschäftigten. Am 26. April
wurde der gemäßigt liberale Empfinger Pfarrer Josef Sprißler in allgemeiner und gleicher
Wahl zum Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt1', wenige Tage später wurden in
indirekter Wahl die Mitglieder des außerordentlichen Landtags bestimmt12. Für das Unterland
zogen fünf Abgeordnete in den Landtag ein. Während das Oberamt Glatt mit Christian
Maier aus Betra und dem Empfinger Kaufmann Brändle Abgeordnete wählte, die als Linke
galten, schickte das Oberamt Haigerloch mit Landeskassier Johann Baptist Eger aus Sigmaringen
und dem Bietenhausener Bürgermeister Stephan Bieger zwei eher konservative Abgeordnete
nach Sigmaringen. Der Gruoler Pfarrer Silvester Miller als Vertreter der Geistlichkeit
des Fürstentums verband konservative Grundvorstellungen mit liberalen Antworten auf
Tagesfragen. Er war Anhänger ultramontaner Vorstellungen, die eine Neubelebung des Katholizismus
aus der Lösung der Kirche vom Staat und einer engeren Bindung an den Vatikan
versprachen.

Als Ende Mai, Anfang Juni 1848 die Spaltung der liberalen Bewegung sichtbar wurde und
in der Gründung des radikaleren Vaterländischen Vereins auf der einen Seite, des Konstitutionellen
Vereins auf der anderen Seite mündete, fanden die gemäßigten Liberalen im Unterland
aber schon keinen Anklang mehr. Der Versuch, dort einen Konstitutionellen Verein zu
gründen, mißlang13. Der Vaterländische Verein hingegen scheint einen nicht unbeträchtlichen
Anhang gehabt zu haben, der die Politik seiner Sigmaringer Partner wohlwollend begleitete
. Anfang August etwa reiste eine Gruppe von Demokraten aus dem Unterland nach
Sigmaringen, um Druck auf die Abgeordneten ihrer Wahlbezirke in dem seit dem Juli tagenden
außerordentlichen Landtag zu machen14. Gewichtige Unterstützung hatte im Oberamt
Haigerloch allerdings weiterhin der Gruoler Pfarrer Silvester Miller, der die Krise, in die die
fürstliche Regierung durch die Revolution gestürzt wurde, zu verstärkter Agitation zugunsten
der Trennung von Staat und Kirche nutzte. Das St.-Annafest in Haigerloch etwa, das seit
gut 70 Jahren als Wallfahrt mit Tausenden von Besuchern gefeiert wurde, nutzte der Pfarrer

Betra, Dettensee, Dettingen, Dettlingen, Dießen, Fischingen und Glatt, zum Amt Haigerloch die Gemeinden
Bietenhausen, Bittelbronn, Empfingen, Gruol, Haigerloch, Hart, Heiligenzimmern, Höfendorf
, Imnau, Stetten, Trillfingen und Weildorf.

11 Verordnungs- und Anzeige-Blatt Sigmaringen Nr. 16/16.04.1848 Extrablatt nach S. 150, Nr. 18/
30.04.1848 Extrablatt nach S. 166. Vgl. Eberhard Gönner, Revolution (wie Anm. 2) S. 77.

12 »Landesfürstliche Verordnung, die Einberufung eines außerordentlichen Landtags und die Auflösung
der bestehenden Landstände betreffend«, vom 12.03.1848 in: Verordnungs- und Anzeige-Blatt Sigmaringen
Nr. 11/12.03.1848 Extrablatt nach S. 108. Bis Mitte April 1848 waren die Wahlmänner der sieben
Wahlbezirke des Fürstentums bestimmt. Am 19.04.1848 setzte die Fürstliche Landesregierung 7
Oberamtmänner, darunter den Haigerlocher Clavel, als Wahlleiter ihrer Wahlbezirke ein und ermächtigte
sie zur Bestimmung der Wahltage, Verordnungs- und Anzeige-Blatt Sigmaringen Nr. 17/23.04.1848
S. 152 f. Der Sigmaringer Oberamtmann beispielsweise setzte die Wahl für seinen Wahlbezirk auf den
03.05.1848 an, den Geistlichen wurde durch Verordnung der Landesregierung gleichfalls der 03.05.1848
als letzter Termin zur Bestimmung ihres Vertreters gesetzt, ebd. S. 151 f., 154. Einberufung und Verzeichnis
der Abgeordneten in: Verordnungs- und Anzeige-Blatt Sigmaringen Nr. 25/18.06.1848 S. 215 f.
Der außerordentliche Landtag setzte sich aus 18 Abgeordneten zusammen, von denen 14 in indirekter
Wahl bestimmt wurden. Die Geistlichkeit sowie die Herrschaften Thum und Taxis, Fürstenberg und
Straßberg stellten jeweils einen weiteren Vertreter.

13 Eberhard Gönner, Revolution (wie Anm. 2) S. 88.

14 Ebd.S. 104.

2S


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