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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0048
Rolf Vogt

gen hatte, räumte er ein, daß er im Gasthaus Schwanen zwar für die Republik gesprochen
habe, aber Mos theoretisch, ohne irgendwie auf einen gewaltsamen Umsturz hinzuarbeiten.
Auch Quirin Müller und Carl Graf, die in Rottweil als Zeugen vernommen wurden, machten
- jedenfalls nach dem Bericht in der nahezu zeitgleich veröffentlichten Prozeßzeitung - keine
Angaben über ein Gespräch zum Struve-Aufstand. In der Anklage wurde Rau hinsichtlich
des Abends in Balingen auch lediglich vorgeworfen, seinen Plan, in Rottweil für die Volksversammlung
am 28. September in Cannstatt zu werben, den Sigmaringern zur Theilnahme
einladend mitgetheilt zu haben36. Die Einladung an die Sigmaringer in Balingen ausgesprochen
zu haben, gab Rau in der Schwurgerichtssitzung zu. Darüber hinaus soll er nach den
Aussagen Müllers und Grafs gefragt haben, was die Sigmaringer thun werden? worauf ihm
Graf geantwortet habe: >die Sigmaringer thun nichts; sie wollen blas ein großes, freies, einiges
Deutschland^7.

Ein leises Echo dieser Unterhaltung findet sich im Umfeld der Trillfinger Volksversammlung
. Nachrichten von dem Ausbruche einer blutigen Revolution in Stuttgart seien am Morgen
des 24. September in der Gemeinde eingetroffen und hätten manches Gemüth ängstlich
gemacht, berichtete der Volksfreund wenige Tage nach der Versammlung38. Sein Berichterstatter
saß offenbar nicht direkt am Beginn der Gerüchtekette, denn in Stuttgart war es keineswegs
zu Unruhen gekommen. Es gab lediglich die Aussicht auf die Vereinigung der von
auswärts in die Stadt strömenden Demokraten am 28. September. Das war der Plan von
Gottlieb Rau. Daß ihn die Sigmaringer Demokraten um Carl Otto Würth am Morgen des
24. September in Trillfingen verbreiteten, ist durchaus denkbar. Sie verbreiteten aber - jedenfalls
drang diese Neuigkeit zum Berichterstatter des Volksfreunds nicht durch - nicht die
Nachricht von einer revolutionären Erhebung in Baden. Da bereits tags darauf tatsächlich jedermann
in Württemberg und in Hohenzollern von dieser Erhebung sprach, wäre das
Schweigen des Trillfinger Berichterstatters schwer zu verstehen, hätte er von ihr gewußt.
Dem Stand der Kommunikationsverbindungen entsprechend, konnnte die Neuigkeit aus Baden
zu Rau und Würth, als sie am 23. September in Stuttgart und Sigmaringen aufbrachen,
noch nicht durchgedrungen sein. Um von Basel nach Balingen oder Hohenzollern zu kommen
, brauchte ein Reisender damals zwei Tage39, viel schneller kann sich auch ein Gerücht
nicht verbreitet haben. Im besten Fall könnten Rau und Würth erstmals am Abend des
23. September in Balingen von dem Umsturzversuch Struves gehört haben, erinnern mochte
sich daran später aber niemand mehr.

Zu dem konspirativen Treff im Gasthaus Schwanen kam es wohl zufällig, mutmaßte zwei
Jahre später der Baiinger Oberamtmann Carl Friedrich Leemann40. Dem württembergischen

In: Zollernalb-Profile. Bd. 3. Balingen 1993. S. 9-26, hier S. 20, verlegt das Treffen in Balingen kurioserweise
auf den 20.09.1849, Christof Rieber, Republikanische Erhebung (wie Anm. 27) S. 3 auf den
24.09.1848.

36 Rotrweiler Schwurgerichts-Blatt (wie Anm. 34) S. 2, 81. Erst für die Versammlung in Rottweil am
24.09.1848 wurde Rau der Vorwurf gemacht, die Aufmunterung zum Aufstand mit der Hinweisung auf
die durch Struve bewirkte ... badische Schilderhebung ... verbunden zu haben, S. 3.

37 Rottweiler Schwurgerichts-Blatt (wie Anm. 34) S. 81.

38 Der Volksfreund aus Hohenzollern Nr. 63/29.09.1848.

39 Von Trillfingen aus reiste beispielweise im Februar 1849 der zu dem Zeitpunkt nicht mehr amtierende
Bürgermeister Fridolin Hähnle im Auftrag der Gemeinde nach Basel. Der für ihn schnellste Weg führte
von Imnau über Freudenstadt und den Kniebis nach Appenweier, wo er den Zug nach Offenburg nahm.
In Offenburg mußte er übernachten, um am nächsten Tag mit dem Zug weiter nach Basel zu fahren. Auf
der Rückfahrt kam er am ersten Reisetag bis Appenweier und am zweiten über Freudenstadt zurück
nach Imnau, Josef Schäfer: Eine Auslandsanleihe im Jahre 1849. In: Nachrichtenblatt der Gemeinde
Trillfingen Nr. 5/05.02.1965.

40 HStAS E 146/1 Bü 2729, Bl. 21. Zu Leemann vgl. Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter
und Landratsämter in Baden-Württemberg 1810 bis 1972 (wie Anm. 9) S. 377. Andreas Zekorn, Oberamtmänner
(wie Anm. 9) S. 34.

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