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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0056
Rolf Vogt

den Märzunruhen, die auch Hechingen ergriffen hatten: Alles dieß ist wieder zurückgedrängt
, das Vertrauen in den Bestand der Verhältnisse ist wieder schwankend gemacht, wieder
stockt der Verkehr, keiner hat Lust, etwas arbeiten zu lassen. Sicherlich beschrieb der
Hechinger die Lähmung, die die Ereignisse in der Nationalversammlung und in Frankfurt
hervorgerufen hatten. Aber die Nachrichten von der Trillfinger Versammlung hatten diese
Stimmungslage verstärkt. Jetzt war die Bedrohung recht nahe gerückt.

Dieser Meinung war auch die von dem Geheimen Rat Freiherr Gustav von Frank geführte
Regierung in Hechingen. An dem Tag, an dem im Verordnungsblatt der Leserbrief erschien,
beschloß sie, ihre Sorgen dem Gesandten des Fürstentums in Frankfurt, Freiherr Adolph von
Holzhausen, zu unterbreiten. Von Holzhausen vertrat am Bundestag in Frankfurt, der ständigen
Versammlung der Gesandten der Mitgliedsländer des Deutschen Bundes, mehrere
Kleinstaaten, darunter die beiden hohenzollerischen Fürstentümer73. Er war der Mittelsmann
, mit dem sich die Hechinger Regierung an die Reichsregierung wenden konnte. Das
betreffende Reichsministerium confidentiell in Kenntnis zu setzen, war denn auch der Auftrag
, den die Hechinger Regierung in ihrem Schreiben vom 27. September 1848 dem Gesandten
erteilte. Sie verlieh ihrer Botschaft Dringlichkeit, indem sie ihn zum baldigefn] Berichte
Uber den Erfolg Ihrer Bemühungen aufforderte74.

Sehr wahrscheinlich von den eigenen Informanten in Kenntnis gesetzt, gab die in unserer
nächsten Nähe gehaltene demokratische Volksversammlung ... die unerwünschte Veranlassung
, die Tätigkeit des Gesandten in Anspruch zu nehmen. Die Volksversammlung, so berichtete
die Hechinger Regierung, wurde zwar auf Sigmaring'schem Territorium von Sigmaringer
Volksmännern abgehalten, war aber hauptsächlich auf unsere Bevölkerung berechnet.
Die Anspielung auf die Steuerexekution in einer der Trillfinger Reden und der von einem
Schwert durchbohrte schwarz-weiß angemalte Kürbis waren der Hechinger Regierung Hinweis
genug, zu beurteilen, in welche Richtung die Sigmaringer Demokraten schielten Diese
Volksversammlung hat im Allgemeinen bei den Bewohnern unseres Fürstenthums nur theil-
weise Anklang gefunden, so daß man verhältnismäßig mit dem Zustand bei uns zufrieden
sein kann, beurteilte die Hechinger Regierung zwar die Resonanz, die die Besucher der Trillfinger
Versammlung erzielten, als sie zuhause von ihren Erlebnissen berichteten. Aber die
Regierung wußte, daß sie auf brüchigem Boden stand: Wiederholungen aber dürfen nicht
statt finden und auch in unserer Nachbarschaft, namentlich in Sigmaringen darf solches Treiben
nicht unbeachtet und unbestraft bleiben, wenn hier die Ordnung aufrecht erhalten, wenn
das Fürstenthum vor dem Untergang bewahrt werden soll.

Die Hechinger Regierung war sich im klaren darüber, daß ihr und das Schicksal des kleinen
Fürstentums abhängig war von der Entwicklung in der Nachbarschaft. Sorge machte ihr
denn auch weniger die als verhältnismäßig gering eingeschätzte Unruhe in der eigenen Bevölkerung
. Beunruhigend war in der Sicht der Hechinger Regierung vielmehr der Fortgang
der demokratischen Bestrebungen im benachbarten Fürstentum, der auch für uns verderblich
werden muß, wenn demselben nicht energisch Einhalt gethan wird. Die Regierung in
Hechingen machte am 27. September einen völlig anarchischen Zustand aus, der in Sigmaringen
herrscht... Die Regierung in Sigmaringen ist durchaus machtlos ... Die Demokraten sind
die unumschränkten Herren. Die Hechinger Regierung wollte den Gesandten in Frankfurt
deshalb nicht allein um vertrauliche Berichterstattung im zuständigen Reichsministerium
bitten. Der Gesandte sollte vielmehr auch die Ansicht aus Hechingen vortragen, daß die Anarchie
im Fürstenthum Sigmaringen ohne die schleunigsten u[nd] kräftigsten Maaßregeln
nicht mehr zu bewältigen sei, während wir uns der Hoffnung hingeben dürfen, daß die bei

73 Neue Deutsche Biographie. 9. Bd. Berlin 1972. S. 573. Hof- und Address-Handbuch des Fürstenthums
Hohenzollern-Sigmaringen (wie Anm. 6) S. 23. Von Holzhausen, 1799-1861, damals 49 Jahre alt,
war Geheimer Rat und Ritter des Königlich Preußischen Johanniter-Ordens.

74 StAS Ho I 759. Bericht der Regierung Hechingen an Freiherr Adolph von Holzhausen 27.09.1848.

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