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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0068
Andreas Zekorn

steht das Verhalten dieser Verwaltungsbeamten in den drei genannten Orten während der
Revolution von 1848/494. Anhand der Biographien und Handlungsweisen der Oberamtmänner
werden die unterschiedlichen und recht weit gespannten Möglichkeiten der politischen
Haltung von wichtigen Repräsentanten des Staates während der Revolutionszeit exemplarisch
untersucht. Ferner wird die Abrechnung des Staates mit seinen Beamten, das Verfahren
gegen die Oberamtmänner nach der Revolution betrachtet, sofern es ein solches Verfahren
gab.

1. BEAMTE IN DER ERSTEN HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS

Zunächst sei die Situation der Beamten im 19.Jahrhundert, ihr Verhältnis gegenüber dem
Staat und ihre politische Verortung kurz skizziert. Im folgenden kann es nur darum gehen, in
groben Zügen die Stellung von höheren Beamten in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts
darzustellen. Eine generelle Aussage ist schwer möglich, da die Situation in Deutschland von
Staat zu Staat unterschiedlich war. Dennoch lassen sich allgemeine Tendenzen erkennen, und
es sei versucht, einige Aspekte herauszuarbeiten, die für den Zusammenhang der vorliegenden
Studie wichtig sind.

Die akademisch gebildeten Beamten waren die eigentlichen Überwinder der ständisch
korporativen Ordnung, in welcher der Adel die entscheidenden Positionen im Staat besetzte.
Die Beamten waren im 19. Jahrhundert ausgelesen auf Grund der demokratischen Prinzipien
von Examen und Leistung und nicht mehr auf Grund der feudalen Prinzipien von Geburt
und Verbindung. Es herrschte allerdings noch keine Chancengleichheit durch das Leistungsprinzip
. Und wegen rechtlicher Privilegierungen bildeten die Beamten selbst eine Art Stand.
Die soziale Prestigeordnung räumte ihnen - zumindest noch am Anfang des 19. Jahrhunderts
- einen hohen Rang ein. Zusammen mit Pfarrern und den Angehörigen der freien Berufe, wie
Advokaten, Ärzten oder Apothekerm, konstituierten sie das Bildungsbürgertum.

In diesem Bildungsbürgertum war der Liberalismus stark verbreitet: Vernunft, Autonomie
, individuelle Freiheit, Sicherheit des Eigentums, Rechtssicherheit und Gleichheit vor
dem Gesetz sind bürgerliche Interessen. Um die genannten Ziele durchzusetzen, versuchten
reformorientierte, liberale Beamte den Obrigkeitsstaat von oben durch Selbstkorrektur umzugestalten
. Die Staatsdienerschaft hatte jedoch an den Privilegien der Oberschicht Anteil
und vertrat deren Interessen. Sie war aber nie herrschende Klasse, sie war nur Agent der herrschenden
Gruppe5.

heutigen Zollernalbkreises 1806 - 1992. In: Zollernalb-Profile Bd. 3, hrsg. v. Zollernalbkreis, Balingen
1993, S. 27-69, S. 30 ff., S. 46 ff., S. 60 ff.; Christoph J. Drüppel: Staatsregie und Selbstverwaltung.
Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden, Hohenzollern und Württemberg von 1810 bis
1972. In: Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg
1810 bis 1972, Stuttgart 1996, S. 15-32.

4 Zur Revolution von 1848/49 erschien insbesondere 1998 eine Fülle an Literatur. Hingewiesen sei an
dieser Stelle nur auf zwei zentrale, allgemeinere Werke mit Hinweisen auf weitere Literatur: Dieter
Hein: Die Revolution von 1848/49. München 1998. Die Literatur findet sich zusammengefaßt in: Thomas
Kärcher: Bibliographie zur Revolution von 1848/49 mit besonderer Berücksichtigung Südwestdeutschlands
. Stuttgart 1998. Genannt seien an dieser Stelle zudem: Wolfgang von Hippel: Revolutionen
im deutschen Südwesten. Das Großherzogtum Baden 1848/49. Stuttgart u.a. 1998; Für die Sache
der Freiheit, des Volkes und der Republik. Die Revolution von 1848/49 im Gebiet des heutigen Landkreises
Sigmaringen, hrsg. v. Landkreis Sigmaringen. Sigmaringen 1998. Weitere neuere Literatur vgl. unten
insbesondere Anm. 18.

5 Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München 1983,
S. 259 ff., S. 286 ff. (insbesondere auch hier zu dem schwierigen Begriff »Liberalismus«); Bernd Wunder
: Privilegierung und Disziplinierung. Die Entstehung des Berufsbeamtentums in Bayern und Würt-

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