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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0070
Andreas Zekorn

Dienstverhältnis9. In vielen Staaten entstanden Beamtengesetze, so z.B. 1817 bis 1819 in
Württemberg10 oder auch - relativ spät - 1831 in Hohenzollern-Sigmaringen11.

Die Beamtengesetze regelten auch das Entlassungsrecht, welches zwei der nachfolgend
behandelten Beamtenbiographien berührt. Das Entlassungsrecht ging in Süddeutschland, in
Bayern, Baden und Württemberg, aus einem langwierigen Ringen hervor. Die Dienstpflichtverletzungen
, wozu etwa »Willkürlichkeiten gegen Untertanen« oder »Dienstnachlässigkeit«
zählten, waren nicht eindeutig definiert und ließen den Vorgesetzten letztlich freie Hand.
Andererseits sollte das Entlassungsrecht die Beamten vor der Willkür der Herrschaft schützen
. In Württemberg beispielsweise war die Entlassung an bestimmte Grundsätze und Verfahrensregelungen
gebunden12.

In der Zeit der Restauration, also zwischen 1815 und 1848, wurden die Beamten einer zunehmenden
Disziplinierung unterworfen. Politische Meinungen verfolgte man jedoch nicht,
und der Liberalismus konnte in der Beamtenschaft bis 1848 überleben.

Für die Beamten in Baden und Württemberg läßt sich ein schwieriges Verhältnis zwischen
Widerstandsrecht und Treuepflicht feststellen. Der »Beamtengehorsam stand unter dem Vorbehalt
des Widerstandsrechts«, das eine lange Tradition hatte und bedingt auch in den neuen
Verfassungen anerkannt wurde13. Daraus erklärt sich, daß viele Beamte in das Parlament gewählt
wurden und sogar zu Führern der Opposition wurden. Disziplinierungsversuche
konnten aber Erfolg haben14. Einschränkend hinzufügen muß man, daß die Widerstandspflicht
, insbesondere nach 1819, im wesentlichen nur für die Spitze der Verwaltung relevant
war. Der Treueeid gegenüber dem Monarchen ging, wie bemerkt, dem Verfassungseid vor15.

Das Ideal der Reform von oben und innerhalb fester Ordnung trat allmählich in Gegensatz
zu neuen Reformforderungen von unten und zu Gefahren, die die Ordnung zu erschüttern
drohten. Zugleich stieß die Beamtenherrschaft zunehmend auf Kritik und ihr Prestige in
der Bevölkerung sank. Bevormundung, Regulierungswut etwa gegenüber Kirche und Gewerbe
, Selbstherrlichkeit und Arroganz der Beamtenschaft bildeten unter anderem Kritikpunkte16
. Schon vor der Revolution von 1848/49 wurde in Württemberg die »Schreiberherr-

9 Wunder, Privilegierung und Disziplinierung (wie Anm. 5), S. 249 f., S. 254, S. 322; Nipperdey, Deutsche
Geschichte (wie Anm. 5), S. 322 ff.; grundsätzlich zu den württembergischen Beamten: Alfred
Dehlinger: Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute, Bd. 2. Stuttgart
1953, S. 915-925; Friedrich Wintterlin: Geschichte der Behördenorganisation in Württemberg.
Stuttgart 1904, Bd. 1, S. 294 ff.

10 Dazu ausführlich: Wunder, Privilegierung und Disziplinierung (wie Anm. 5). Eine Übersicht über
die einzelnen Gesetze findet sich ebd., S. 343 ff.; zusammenfassend auch Jeserich, Öffentlicher Dienst
(wie Anm. 5), S. 315, S. 317 ff.

11 Provisorisches Staatsdiener-Edict für das Fürstenthum Hohenzollern-Sigmaringen. Sigmaringen
1831.

12 Zum Entlassungsrecht: Bernd Wunder, Der vormärzliche Beamtenliberalismus in Süddeutschland.
In: Le concept de liberte de 1815 ä 1914 dans Pespace rhenian superieur. Bulletin de la Faculte des Lettres
de Mulhouse, Fase. 7, Mulhouse 1976, S. 221-232, S. 223; Ders., Privilegierung und Disziplinierung (wie
Anm. 5), bes., S. 264, S. 268 ff., S. 274; Hattenhauer, Beamtentum (wie Anm. 5), S. 222 ff., S. 236 f.;
Dehlinger, Württembergs Staatswesen (wie Anm. 9), S. 923; einen sehr guten Überblick über das Entlassungsrecht
für Württemberg gibt: Wintterlin, Behördenorganisation (wie Anm. 9), S. 295 ff.

13 Bernhard Mann: Anfänge des Verfassungsstaats (1815 - 1830). In: Reiner Rinker, Wilfried Setz-
ler (Hgg.): Die Geschichte Baden-Württembergs, Stuttgart 1986. S. 220-228, S. 223 f.

14 Zum Beispiel konnte der Urlaub für die parlamentarische Tätigkeit verweigert werden, oder die materielle
Basis eines Beamten erlaubte einen Austritt aus dem Staatsdienst einfach nicht. Dazu: Mann, Anfänge
des Verfassungsstaats (wie Anm. 13), S. 223 f.; Hattenhauer, Beamtentum (wie Anm. 5), S. 230 ff.

15 Wunder, Privilegierung und Disziplinierung (wie Anm. 5), S. 249 f., S. 254.

16 Nipperdey, Deutsche Geschichte (wie Anm. 5), S. 324 ff.; Hattenhauer, Beamtentum (wie Anm. 5),
S. 206, S. 214 f., bes. S. 217 ff.; Jeserich, Öffentlicher Dienst (wie Anm. 5), S. 312 ff.

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