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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0080
Andreas Zekorn

ternehmens zweifelte, sondern in Folge einer Liebäugeley mit der Volksparthie57. Ein solcher
Verdacht liegt immerhin nahe, hätte sich Leemann unter Umständen auch deswegen
aus Balingen zur Rechnungsabhör wegbegeben können, um gegebenenfalls nicht gegen die
demokratische Bewegung Raus einschreiten zu müssen. Beim tatsächlichen Eintreffen des
Rauzugs hätte er sich dann einfach untätig verhalten. Diese Annahme wird aber durch ein
Schreiben der Führer der conservativen Partey im Oberamts Bezirke Balingen aus Ebingen
an den König entkräftet. Hierin wird die gesamte Amtsführung Leemanns gelobt, insbesondere
auch sein umsichtiges Vorgehen während der Revolution, und hervorgehoben, daß
er den verwerflichen Auftritten ... Dämme entgegensetzte. Er sei der einzige Halt der konservativen
Partei gewesen und einer der wenigen Staatsbeamten, die ihre politischen Unternehmungen
eifrig förderte(n). Bei allen Abgeordnetenwahlen hätte er die konservative Sache
vorgetragen58.

Aus politischen Gründen hatte Leemann also nicht gehandelt. Sein zurückhaltendes Vorgehen
während des Rauzugs war in der Tat wohl taktisch begründet gewesen. Es war auch
kein böser Wille oder fehlender Mut59, sondern Leemanns Verhalten entsprang einer weitgehend
richtigen Einschätzung der Lage, wie man im nachhinein urteilen kann. Nur seine Entfernung
vom Amtssitz resultierte vielleicht aus einer gewissen Unterschätzung der Situation
oder war zumindest ungeschickt. Daß er gegen den Sergeanten Gauggel nicht eingeschritten
war, konnte Leemann ebenfalls nicht besonders gravierend zur Last gelegt werden60. Daß gegen
Leemann jedoch eine Maßnahme zu ergreifen war, darin waren sich die Regierung des
Schwarzwaldkreises und das Ministerium des Innern einig. Nahe lag eine Versetzung Leemanns
. Die Regierung begründete den Versetzungswunsch vor allem mit dem untätigen Verhalten
Leemanns in Balingen am Dienstag. Das vorgesetzte Ministerium erkannte dieses Argument
nicht an, da ihm weitergehende Informationen über die gespannte Situation in Balingen
vorlagen. Es begründete die Versetzung Leemanns hingegen vor allem damit, daß viele
Amtsuntergebene Leemanns in dem Verfahren zwar nur als Entlastungszeugen aufgetreten
waren, dabei aber das berufliche und dienstliche Verhalten ihres Oberamtmanns beurteilt
hätten. Die Autorität des Oberamtmanns wäre dadurch geschwächt und seine Stellung im

57 HStAS, E 146, Bü 2729, fol. 17 (ad Quadr. 16): Aussage des Rechtsconsulenten Nagel. Sodann: Bericht
der königl. Regierung des Schwarzwaldkreises an das Ministerium des Innern, 12.5.1851 (ebd., fol.
31, Quadr. 21). - Zu dem Abgeordneten für den Schwarzwaldkreis (Balingen) Johann Friedrich Nagel in
der Frankfurter Nationalversammlung Feb. 1849 - 18.6.1849: Heinrich Best/ Wilhelm Weege: Biographisches
Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Düsseldorf
1998, S. 249.

58 HStAS, E 146, Bü 2729, fol. 54 (Quadr. 27): Schreiben vom 5.7.1851. Die Führer der konservativen
Partei in Ebingen hießen Helfer, Bilfinger und Grotz (ehemaliger Stadtschultheiß).

59 HStAS, E 146, Bü 2729, fol. 50 (Quadr. 25): Bericht der königl. Regierung des Schwarzwaldkreises,
27.6.1851.

60 Diese Haltung vertrat das Ministerium des Innern auch gegenüber dem Justizministerium, als es diesem
wegen des Begnadigungsgesuches Maiers berichtete. Maier sollte begnadigt werden, sofern seine
Aussagen über Leemann der Wahrheit entsprächen. Das Ministerium warf Leemann auch hier Kurzsichtigkeit
und Fahrlässigkeit beim Verlassen Balingens am Montag vor; auch hätte er bei der Rückreise nach
Balingen mehr Eile an den Tag legen können. Die Nichtverhaftung Gauggels sei ein eher marginaler Vorwurf
und könne als entschuldigt gelten. Leemann hätte insgesamt aber eine Rüge verdient und würde
versetzt. Die Begnadigung Maiers stelle man nach den Ausführungen in das Ermessen des Justizministeriums
(HStAS, E 146, Bü 2729, fol. 85-88, Quadr. 33, Schreiben vom 28.8.1851). Maier suchte später
nochmals um Erlaß der Untersuchungskosten nach, da die Kosten vor allem wegen der Untersuchung
durch das Innenministerium angefallen seien. Das Innenministerium argumentierte, daß die Kosten angefallen
seien, weil Maier Interesse an der Untersuchung zu seiner Verteidigung gehabt hätte. Der Inhalt
der Untersuchungsakten habe das Innenministerium zur Versetzung Leemanns nach Waldsee veranlaßt
(ebd., Quadr. 55 u. 56, Schreiben vom 10.12. u. 13.12.1852). Über den Ausgang der Sache Maier gibt die
vorliegende Akte keine Auskunft.

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