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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0091
Revolutionäre Beamte?

Kurze Zeit später wurde die Einrichtung einer Bürgerwehr im Oberamtsbezirk Haigerloch
zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Ordnung unter Regie des Oberamts betrieben
. Nachdem 1846 die Bildung einer Bürgerwehr in Haigerloch noch von der fürstlichen
Regierung untersagt worden war, gehörte die Forderung nach Volksbewaffung auch in Haigerloch
zu den Punkten, die in den Märzpetitionen artikuliert wurden117. Am 23. März wurden
die Ortsvorsteher des Oberamts Haigerloch versammelt und die Grundsätze zur
Organisation der Bürgerwehr beschlossen118. Bereits einen Tag später, am 24. März, kam die
Bürgerwehr Haigerlochs zum Einsatz. Beim sogenannten »Franzosenlärm«, als der Einfall
plündernder französischer Haufen erwartet wurde, schoß die Bürgerwehr abends vom
Kirchberg über die Eyach zum Schloß hinüber. Es wurde angenommen, daß dort Franzosen
stünden. Wie sich später herausstellte, waren es aber nur Kundschafter aus der Hechinger
Gegend, die ebenfalls annahmen, daß der Feind schon in Haigerloch angelangt sei119.

Die begonnene Volksbewaffnung wirkte sich in Haigerloch dahingehend aus, daß fast täglich
an allen Ecken und Enden geschossen wurde. An einem Sonntag, dem 30. April, wurde
sogar während des Hauptgottesdienstes in Haigerloch getrommelt, geschossen und exerciert.
Oberamtmann Clavel, obwohl er durchaus einer Umgestaltung der Verhältnisse positiv gegenüberstand
, wollte solche Unordnung aber denn doch nicht dulden und wies die Bürger
auf den gesetzmäßigen Weg120.

Im Laufe der Zeit erlosch jedoch auch in Haigerloch, wie andernorts, die Begeisterung für
das Exerzieren, und die Bürgerwehrbewegung schlief ein, vor allem als die aus der Landeskaserne
in Gorheim bereitgestellten Gewehre zurückgefordert wurden121. Erst im Mai 1849
sollte die Bürgerwehr reaktiviert werden. Darauf wird zurückzukommen sein.

Die Einwohnerschaft Haigerlochs blieb in der Folgezeit politisch rege. Kurz vor dem Höhepunkt
der Revolution im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen am 26727. September
1848, als nach der Karlsplatzversammlung (26.9.) Fürst und Regierung die Flucht ergriffen
(27.9.), fand in Trillfingen eine Volksversammlung statt. Wie eingangs bereits geschildert, trafen
sich auf dem Wege dorthin die Sigmaringer Revolutionäre mit Gottlieb Rau in Balingen.
Die Volksversammlung in Trillfingen wurde am Sonntag, dem 24. September, abgehalten,
also am selben Tag wie die Volksversammlung Raus in Rottweil122. Mit der Volksversammlung
in Trillfingen, bei der 4 000 bis 5 000 Menschen zusammenkamen, sollte gleichzeitig die
politisch wenig interessierte Bevölkerung Hohenzollern-Hechingens aktiviert werden. Der
Sigmaringer Advokat Würth, der sich mittlerweile ganz auf die linke Seite begeben hatte, ließ
am Ende seiner rhetorisch glänzenden Rede die demokratische und soziale deutsche Republik
hochleben123.

1848. - Hingewiesen sei darauf, daß im Staatsarchiv Sigmaringen eine für das Thema einschlägige Akte
über Verfahren bei Behörden und Gehaltsverbesserungen von Beamten, die sich 1848/49 politisch vergangen
haben (StAS, Ho 235 I, Ea 109) im Jahre 1997 nicht aufgefunden werden konnte.

117 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 37; Gemeindearchiv Hart, Stadt Haigerloch, A 852 , Forderungen
der Gemeinde, Pkt. III.

118 StadtA Haigeloch, Akten 623: Protokoll vom 23.3.1848.

119 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 55.

120 StadtA Haigerloch, Akten 623: Reskript an das Bürgermeisteramt vom 30.4.1848.

121 StadtA Haigerloch, Akten 623: Schreiben der Stadt Haigerloch, 17.5.1849. Zum Nachlassen des Eifers
bei den Bürgerwehren auch: Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 121 f.

122 Zur Volksversammlung in Trillfingen vgl. den Beitrag von Rolf Vogt, Fünf Tage (wie Anm. 1). -
Inwieweit eine konkrete Verbindung zu Struve in Baden bestand, der zu diesem Zeitpunkt allerdings
schon geschlagen war, ist fraglich (vgl. Vogt, Fünf Tage und oben Anm. 45). Die allgemeine revolutionäre
Stimmung in Baden wird auch in Hohenzollern sicherlich bekannt gewesen sein und ermutigend
gewirkt haben.

123 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 132; Vogt, Fünf Tage (wie Anm. 1).

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