Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0146
Andreas Günter

bergischen Fürstentums, Franz Joseph Salzmann, der in St. Blasien schon tätig gewesen
war; der andere Pierre Michel d'Ixnard, zu dieser Zeit der Baudirektor des Fürsten von
Hohenzollern-Hechingen. Wie d'Ixnard an diesen großen Auftrag kam, ist nicht ganz klar,
doch da der Fürstabt bereits eine konkrete Vorstellung von der neu zu erbauenden Kirche
hatte, vermute ich, daß er bei der Suche nach einem geeigneten Architekten auf den Franzosen
d'Ixnard aufmerksam wurde.

Martin II. wünschte eine Kirche nach dem Vorbild der römischen Kirche Sta. Maria della
Rotonda - dem antiken Pantheon. Einen ähnlichen Fall haben wir auch bei der Hedwigskirche
in Berlin, wo der Architekt Legeay die konkreten Wünsche Friedrichs II. nach einer Pan-
theonalluSion ausführte. Als Benediktinerkloster reiht sich St. Blasien außerdem in die Reihe
der großen Bauten dieses Ordens im 18. Jahrhundert ein (Weingarten, Zwiefalten, Ottobeuren
, Wiblingen). 21

Wie schließt nun St. Blasien an diese Reihe von Klosterkirchen an? Die Gemeinsamkeiten
sind schnell aufgezählt. Zum einen ist bei den meisten Klöstern schon eine Anlage vom Anfang
des Jahrhunderts vorhanden, in die die neue Kirche - oft als Mittelachse - integriert
wird. Zum anderen weisen die Kirchen repräsentative Fassaden auf. Die Unterschiede liegen
zunächst in der Raumdisposition: egal ob Langhaus und Vierung sich am Vorarlberger Schema
orientieren (Weingarten, Zwiefalten) oder eine größere Betonung der Vierung aufweisen
(Ottobeuren, Wiblingen), immer steht bei diesen Kirchen der Hochaltar am Ende des Chors,
der nur wenig von der Vierung abgegrenzt ist. Außerdem sind bei allen Kirchen die Gewölbe
über der Vierung mit großen Deckenmalereien versehen. In St. Blasien dagegen übernimmt
die Rotunde die Funktionen von Langhaus und Vierung, während der Altar nicht am Ende
des Chors, sondern weiter vorne, in der Nähe des Chorbogens steht, welcher für eine klare
Trennung von Laien- und Mönchskirche sorgt. Die Kuppel besitzt zwar auch ein Deckengemälde
in ihrem Spiegel, doch ist es ein klar aus der Kuppelarchitektur ausgeschiedener Bestandteil
.

Wie schon dargelegt, ist sehr wahrscheinlich, daß der Fürstabt konkrete Vorstellungen an
seine beiden Architekten herantrug. Der Schlüssel zur Entstehung der Kirche in St. Blasien
liegt bei den zahlreichen Plänen. Als er mit der Idee einer Kirche in Form des Pantheons konfrontiert
war, griff d'Ixnard zunächst auf einen Vorlagenstich Neufforges zurück (auf dessen
Stichwerk ich später noch ausführlicher eingehe) und legte einen Grundriß nach dessen Modell
für eine Rotundenkirche vor. Beide Kirchenentwürfe weisen im Inneren 16 Freisäulen
auf, allerdings verkleinert d'Ixnard die Vorhalle, fügt zwei Türme an und harmonisiert den
Umgang durch eine Reihe von Wandpfeilernischen. Der Rotundentypus ist bei Neufforge
eher für kleinere Kirchen gedacht und wird von d'Ixnard ins Monumentale gesteigert.

Im Aufriß löst sich d'Ixnard von der Vorlage Neufforges: Türme überragen die flache
Kuppel, deren Dreischaligkeit sich von den Kuppeln des Invalidendoms und Ste. Genevieves
- dem späteren Pariser Pantheon - herleiten läßt.

Die statischen Probleme einer so großen Kuppel führten jedoch zu Alternativplänen. Bei
einem Entwurf mit 20 Säulen werden die seitlich des Choreingangs entstehenden Säulenpaare
von größeren Wandstücken hinterfangen. Im Sinne einer gleichmäßigen Säulenreihe ist dies
natürlich eine Notlösung, die jedoch darauf hindeutet, daß eine klare Abgrenzung zum Chor
hin beabsichtigt war, die wir auch als Prinzip in Hechingen und Bad Buchau sehen können.
Dieser nach d'Ixnards Pariser Reise 1772 entstandene Entwurf weist auch eine eigenständige
Vorhalle mit integrierten Türmen auf, die als Riegel vor der Rotunde steht. Eine ähnliche
Vorhalle wie in St. Blasien finden wir im Madeleine-Entwurf des Pariser Architekten
Contant d'Ivry aus dem Jahr 1765. Neben Soufflots Ste. Genevieve ist der Bau der Madeleine
-Kirche das zweite große Prestigeobjekt der Zeit in Paris; erst im 19. Jahrhundert wurde
die Kirche in der bekannten historistischen Form errichtet. Contant d'Ivry spannt in seinem

21 Siehe vor allem Norbert Lieb: Barockkirchen zwischen Donau und Alpen. München 1984.

132


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0146