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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0150
Andreas Günter

trauen. Bei der räumlichen Disposition ist zu erkennen, daß er einfache Räume mit geraden
Wänden und flacher Decke bevorzugt, so daß die Kirchen ihren sakralen Charakter vor allem
durch eine Absetzung des Chorraums erhalten, der durch Zungenmauern und ein eigenes
Spiegelgewölbe jeweils als eigenes Raumkompartiment behandelt wird. Hinzu gesellen sich
Details, die d'Ixnard der französischen Architektur des 17. und 18.Jahrhunderts entlehnt, in
diesem Fall von derselben Kirche, nämlich St. Sulpice in Paris.

Dieser Kirche wurde 1732 von d'Ixnards Pariser Lehrmeister Servandoni eine neue Fassade
vorgeblendet, die für einiges Aufsehen sorgte. Deren Säulen-Gebälk-Architektur setzte
mit ihrer durchgehenden Kolonnade ohne hinterlegte Arkade und mit einem unverkröpften
Gebälk neue Maßstäbe.

Der Turm von St. Jakob erinnert stark an die Türme der Fassade Servandonis und die Inszenierung
um die Chorscheitelapsis in Bad Buchau entspricht - besonders in einer Entwurfsversion
mit Oberlicht - der Apsidiole an der Chapelle de la Vierge am Chor von St. Sulpice
, die 1729 ebenfalls von Servandoni und 1774 nochmals von de Wailly umgestaltet wurde.

7. ROKOKO

Wie wir bereits gesehen haben verknüpft sich mit dem Werk d'Ixnards die lokale Tradition
über ausgewiesene Rokokokünstler wie Johann Christian und Christian Großbayer. Doch
die Verbindungen sind noch tiefliegender und fundamentaler.

Das Rokoko wird häufig als der Stil betrachtet, den zu überwinden der Klassizismus angetreten
ist. Auch d'Ixnard wird in dieser Weise gesehen und einmal sogar als »fossoyeur du
rococo« - als Totengräber des Rokoko - bezeichnet25. Zunächst muß man dabei jedoch bedenken
, daß es einen Unterschied zwischen dem französischen und dem süddeutschen Rokoko
gibt. Fiske Kimballs umfassenden Arbeiten über das französische Rokoko zeigen, daß
man dort eher von einem Dekorationsstil sprechen muß, dem eine bestimmte Ornamentform
- die Rocaille - zugrundeliegt, welcher jenseits des Rheins in der Zeit der Regence entstanden
ist26. In Süddeutschland sprechen wir jedoch von einem Stilbegriff, den die Stilepochenkunstgeschichte
auf das Barock folgend einordnet.

In Frankreich wird dieser neue Dekorationsstil, der sich vorwiegend auf den Innenraum
beschränkte, schon vor der Jahrhundertmitte kritisiert und vor allem in der Kunsttheorie abgelehnt
. In Süddeutschland jedoch etabliert er sich und entwickelt sich weiter, vor allem da er
auch im Kirchenbau Anwendung findet.

Im Unterschied zum Barock mit seiner Verbindung von Architektur, Malerei und Skulptur
zum Gesamtkunstwerk gewinnt im Rokoko die Skulptur, genauer gesagt der plastische
Bauschmuck in Form des rankenden Ornaments und der Rocaille an Bedeutung, weil er seine
bloß rahmende oder schmückende Funktion ablegt und sich über die Architektur und in
die Malerei hinein ausbreitet. Hermann Bauer zeigt dies zum Beispiel am Deckenfresko des
Rokoko, bei dem nicht mehr nur der Übergang in das Himmelszelt wie im Barock dargestellt
ist, sondern wieder Landschaft auftaucht, wobei der Rahmen dabei zum integrativen Bestandteil
der Landschaft und somit zum Bildgegenstand wird27.

Somit emanzipieren sich Ornament und Rahmen und werden zum Bildgegenstand. Aber
auch die Architektur selbst, bisher Gerüst und Träger von Skulptur, Ornament und Malerei
kann zum Bildgegenstand werden. Dies kann man anhand des Nothelferaltars in der Mitte

25 Germain Bazin: Les palais de la foi. 2. Bde. Fribourg 1980; 2. Bd. S. 202.

26 Fiske Kimball: Le Style Louis XV. Paris 1949 und The Creation of Rococo. New York 1964;
Regence ist die Zeit der Regierung Philipps von Orleans bis zur Volljährigkeit Ludwigs XV., d.h. von
1715 bis 1723.

27 Hermann Bauer: Rocaille. Berlin 1962, S. 74.

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