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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0152
Andreas Günter

Die Dekorationen d'Ixnards für das Kircheninnere sind durch zwei der wichtigsten Stichwerke
der Zeit geprägt, aus denen sich auch andere Architekten immer wieder bedienen. Jean
Francois Neufforge gibt zwischen 1757 und 1772 seinen Recueil Elementaire d'Architecture
in Paris in 9 Bänden heraus30. Dieser Recueil gehört zu den wichtigsten Vorlagenwerken der
Zeit und enthält neben Zeichnungen architektonischer Details wie Türen, Fenster etc., Ornamentvorlagen
und Architekturentwürfe für alle möglichen Gebäude.

Das zweite wichtige Stichwerk von Jean Charles Delafosse erscheint 1768 unter dem langen
Titel Nouvelle Iconologie Historique ou Attributs Hieroglyphiques qui ontpour objets les
quatre parties du monde, les quatre Saisons et les differentes complexions de l'homme und ist
auf Anhieb ein großer Erfolg, der mehrere Auflagen erlebt. Darin wendet er als einer der ersten
antike Ornamente und Dekorationsformen an, die er auf Vasen, Konsolen, Trophäen,
Leuchter, Ofen, Grabmonumente, Möbel und sogar einige Gebäude appliziert. Die Elemente
dieser Dekoration - Tücher, Girlanden, Kränze, Guttae - erkennen wir auch bei d'Ixnard.

Einzelne Ubernahmen d'Ixnards aus Stichwerken lassen sich genau belegen; Franz hat
dies in seiner Monographie getan31.

Bei d'Ixnard sehen wir die Vorliebe für die schweren und plakativ-antikischen Dekorationselemente
von Neufforge und Delafosse, deren Wirkung je nachdem verfremdet oder gesteigert
wird, weil d'Ixnard sie aus ihrem Zusammenhang löst. So stammen die kleinen Pila-
ster unter den Emporen in Buchau aus einem Entwurf Neufforges für ein Portal; zusätzlich
muß d'Ixnard sie wegen der geringen Deckenhöhe paarweise anbringen, da sie sonst zu breit
geworden wären. Auch die Elemente aus dem Recueil von Delafosse, die auf Vasen oder anderen
Einrichtungsgegenständen angebracht sind, appliziert d'Ixnard auf die Architektur.
Durch diese unbekümmerte Art seine Dekorationen zusammenzusetzen, werden sie eigentlich
nur zu einem Ersatz für die Rokoko-Ornamentik, sind aber nicht von grundlegend neuem
Charakter. Tuchfestons in der Frieszone eines Gebälks oder Guttae unter rahmenden Tafeln
beziehungsweise an jeder Konsole stehen emblematisch für die Antike, sind aber keinesfalls
Ausdruck eines »inneren Griechentums«. Auch das unproblematische Integrieren von
Rokokoskulptur in d'Ixnards Altäre unterstreicht, daß es hier keine große, prinzipielle Kluft
gab. Dies ist jedoch nur möglich, weil sich auch in diesem lokalen Rahmen die Auffassung
zur Dekoration gewandelt hat: im übertragenen Sinne gesprochen hat sich die Rocaille so
weit von der Wand emanzipiert, daß sie abgenommen und durch antike Elemente ersetzt
werden kann.

8. FAZIT

D'Ixnards Verbindungen zu diesen Gegebenheiten sind auf drei Ebenen anzusiedeln. Zum
einen macht er direkte Anleihen für Dekorationen und Grundrißideen vor allem aus Stichwerken
. Zum zweiten wandelt er allgemeine Modelle ab, wie man es in St. Blasien am Chor,
der sich an der Schloßkapelle von Versailles orientiert, oder an der Planung für die Gruft, die
auf diejenige unter Ste. Genevieve zurückgeht, sehen kann. Diese zwei Ebenen werden von
der Forschung, besonders in der Monographie von Franz weitgehend aufgearbeitet. Eine
dritte Ebene rückt jedoch meist nur andeutungsweise in den Blick: die in diesem Kapitel vorgestellte
kulturelle Entwicklung in Frankreich ist die Basis für d'Ixnards Architektur. Dies
mag zunächst nach einer sehr einfachen Wahrheit klingen und dementsprechend wird das,
was sich in Frankreich im 18. Jahrhundert abspielt, in der Forschung nur als allgemeiner Hintergrund
dargestellt. Der spezifische Zusammenhang aber, der darin besteht, das die Epoche
einen Architekten wie d'Ixnard erst ermöglicht, bleibt unklar. Die Loslösung von akade-

30 Nachdruck Farnborough 1967.

31 Erich Franz: Pierre Michel d'Ixnard. 1723-1795. Leben und Werk. Weißenhorn 1985, S. 231-234.

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