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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0158
Hans Albrecht Oehler

In Engels Schreiben wird das freundschaftliche Fachgespräch fortgesetzt, das man in Sigmarigen
oder erst auf der Rückreise Schmids in Riedlingen hatte abbrechen müssen, mit
theologischen Fragen und Personalthemen, die die zwei Pfarrherren bewegten. Engel spürte,
daß er mit Christoph Schmid einen interessanten Fisch an der Angel hat, in seinem Brief
spießte er Köder für den Fortgang des Gesprächs auf, ließ Namen fallen und deutete Möglichkeiten
für persönliche Kontakte an, die er einzuleiten wüßte.

Der erste Name der fällt, ist der Werkmeisters. Herzog Carl Eugen von Württemberg
hatte den Neresheimer Benediktiner und Freisinger Philosophieprofessor Benedikt Maria
Werkmeister (1745-1823), der ihm aufgefallen war, als Hofprediger nach Stuttgart geholt. Als
nach der napoleonischen Neuordnung unter König Friedrich dem bisher rein evangelischen
Land so etwas wie eine katholische Landeskirche zuzuwachsen schien, nahm der Geistliche
Rat, seit 1817 Oberkirchenrat Werkmeister im Apparat dieser Kirche eine Schlüsselstellung
ein7. Von Stuttgart aus hatte er 1815 Druck auf Oberstadion ausgeübt, als es darum ging,
Christoph Schmid dort als Pfarrer zu plazieren und dabei die Schwierigkeiten, die sich aus
seiner bayrischen Herkunft ergaben, zu überwinden8. Werkmeister hatte also entscheidend
dazu beigetragen, Schmid aus der bedrückend gewordenen Enge seines Amtes in Thannhausen
zu befreien9. Eine persönliche Begegnung mit seinem Förderer mußte ihm doch wünschenswert
erscheinen.

Nicht weniger interessant, wenn auch auf andere Weise, war sicher auch ein Zusammentreffen
mit Ignaz Heinrich Freiherrn von Wessenberg (1774-1860). Der war noch Kind der alten
Kirchenstruktur gewesen, mit 28 Jahren Dalbergs Generalvikar in Konstanz, 10 Jahre später
erst zum Priester geweiht. Nun war er eine der treibenden Kräfte der Kirchenmodernisierung.
Eben jetzt, im Jahre 1822, erhielt er bei den Bischofswahlen in Freiburg und in Rottenburg
wieder die Stimmenmehrheit. Doch Rom verweigerte wie zuvor in Konstanz die Bestätigung.

Und dann war offenbar noch ein kritisches Thema im Theologengespräch aufgekommen.
Georg Michael Frank von Lichtenfels genannt La Roche, in dem man den illegalen Stadion-
Sproß sah, hatte einst im Geist des Warthausener Musenhofes in »Briefen über das Mönchswesen
« die Welt der Klöster kritisiert. Das war den beiden Pfarrherren geläufig. Und nun
war 1819 und 1820 in Stuttgart anonym das vierbändige Werk »Die Möncherey oder geschichtliche
Darstellung der Kloster=Welt« erschienen. Dieser historisch philosophische Versuch
über die Geschichte einer der sonderbarsten und folgereichsten Erscheinungen - die Klosterwelt
, ist von einer bekannten, wenn gleich nicht genannten Feder, hatte das »Intelligenz-
Blatt zum Morgenblatt« das Buch angekündigt10. Darüber muß man gesprochen haben; aber
dieses eine Mal fehlte eben auch Engel, der sonst so gut Bescheid wußte, der dazugehörige
Name, auch er wußte noch nicht, daß es »der Demokrit aus Hohenlohe«, der »lachende Philosoph
« Karl Julius Weber war, der sich hier aus Mergentheim hatte vernehmen lassen.

Mit seinem letzten Thema kam Engel wieder zur pfarrherrlichen Lebenswelt zurück. Was
den Geistlichen des achtzehnten Jahrhunderts der gesellige Aderlaß gewesen war, das war für
die des neunzehnten die Badekur, zu der man sich mit dem ein oder anderen geschätzten und
befreundeten Kollegen verabredete, der ideale Ort für die Fortsetzung des Gesprächs. Und
da plädierte Engel für das heimische Imnau.

7 Hermann Tüchle: Von der Reformation bis zur Säkularisation. Ostfildern 1981. und in: Lexikon
für Theologie und Kirche. Bd. 10. 2. Aufl. 1965. Sp. 1054 f.

8 Gräfl.Schönbornsches Archiv Oberstadion. Rentamtsberichte Bd. 262/1815 No.75, dankenswerter
Weise vermittelt durch Wilfried Schöntag und zugänglich gemacht durch den Inhaber.

9 Hans Albrecht Oehler: Christoph von Schmid in Oberstadion. Reihe >Spuren< Nr. 46. Marbach
1999. S. 4.

10 Martin Blümcke: Karl Julius Weber, der Demokrit aus Hohenlohe (1767-1832). Marbacher Magazin
70. 1994. S. 55.

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