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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0169
Handwerker, Bildhauer und Theologen

»Nach einem Einschätzungsverfahren vom Jahre 1655 hatte Haigerloch 83 christliche und
acht jüdische Steuerzahler. Im Jahre 1673 waren in Haigerloch 250 Seelen und Kommunikanten
»haushabig«11. In achtzehn Jahren hat Haigerloch sich also fast verdreifacht, was sicher
nur auf massive Einwanderung zurückzuführen ist. Dabei waren auch die letzten Jahrzehnte
des 17. Jahrhunderts, die man oft das Zeitalter Ludwigs XIV. nennt, in Hohenzollern alles andere
als friedlich. Zu Beginn des Pfälzischen Krieges (1688-1697) erlebte Haigerloch einen
Franzosen-Einfall und erhielt eine Brandschatzung in Höhe von 1000 Gulden auferlegt.
Ebenso hatte Haigerloch dann im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) unter Truppendurchzügen
zu leiden. Fürst Meinrad II. war denn auch viel abwesend auf Feldzügen und erwarb
sich dabei den Ruf eines tapferen Truppenführers.

Als Melchior Marmon, der einstige italienische Handelsherr und nun Stammvater der
deutschen Marmons, 1706 im Alter von 50 Jahren starb, war seine große Familie schon eifrig
dabei, sich in Haigerloch zu etablieren. Dazu gehörten aber nicht nur die erwähnten »Aufsteiger
«, wie der Oberamtmann Johann Balthasar, der Augustinerchorherr Jakob und der
Stadtrat und Stadtschreiber Ferdinand Marmon. Im Kapitel »Wirtschaften und Bierbrauereien
« nennt der Chronist Hodler besonders den »Goldenen Pflug« als ein »sehr altes Wirtshaus
« in der Haigerlocher Unterstadt am Marktplatz 79 gelegen. Unter den Besitzern erscheint
für das Jahr 1726 auch ein Blasius Marmon; es müßte sich dabei um den im Januar
1695 geborenen drittältesten Sohn Melchiors, Blasius Johannes, gehandelt haben. Mit dieser
Wirtschaft sei auch eine Bierbrauerei und eine Branntweinbrennerei verbunden gewesen. Besonders
interessant ist indes, was Hodler über die Kundschaft im »Goldenen Pflug« berichtet
: »In dieser Wirtschaft sollen sich viele protestantische Werber aufgehalten haben, um für
ihren Glauben Propaganda zu machen«12. Der »Goldene Pflug« müßte demnach eine Stätte
der religiösen Toleranz gewesen sein. Insgesamt allerdings blieben die Sigmaringer Grafen
und Fürsten auch als Regenten in Haigerloch stets gut katholisch und kaisertreu und suchten
den Protestantismus, der aus Württemberg eindringen wollte, ihren Territorien fernzuhalten.

Einen besonderen Aufschwung nahmen das religiöse wie das künstlerische Leben in Haigerloch
unter der Regierung des Fürsten Joseph Friedrich (1715-1769). Der älteste Sohn
Meinrads war weniger militärisch veranlagt als sein Vater, quittierte die österreichischen
Dienste und widmete sich nun ausschließlich der Verwaltung seines Landes. Die lange Regierungszeit
dieses Fürsten, die über ein halbes Jahrhundert währte, wurde für Haigerloch wie
für Sigmaringen überaus segensreich. Hodler schreibt: »Er (Joseph Friedrich) trug viel zur
Verbesserung des Schul- und Kirchenwesens seines Fürstentums und zur Anlegung neuer
Straßen bei, wodurch der Wohlstand seiner Untertanen gehoben wurde... Er war ferner eine
künstlerisch veranlagte, tief religiöse Natur und ein streng kirchlicher Charakter. Sein
Hauptinteresse wandte er dem Bau von Kirchen zu, von denen verschiedene ihm ihre Entstehung
verdanken, so die Stadtpfarrkirche in Sigmaringen, die St. Josephs- Kapelle daselbst, die
Seitenkapelle in der Klosterkirche zu Hedingen und die St. Anna-Kirche in Haigerloch, wie
er auch das Innere der dortigen Schloßkirche entsprechend dem Stile seiner Zeit umgestaltet
hat«13.

Die Regierungszeit Joseph Friedrichs über fünf Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts leitete in
Haigerloch wie im ganzen Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen eine Blütezeit vor allem
des Kirchenbaus, damit verbunden aber auch aller sakralen Künste, ein. Der angesehenste jener
namhaften Haigerlocher, die in den ersten Jahren nach Regierungsantritt des Fürsten Joseph
Friedrich geboren und von ihm maßgeblich gefördert wurde, ist zweifellos Christian
Großbayer (1718-1782). Im Auftrag von Fürst Joseph Friedrich, der ihm den Titel »Archi-

11 Ebda. S. 433.

12 Ebda. S. 431.

13 Ebda. S. 138 f.

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