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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0176
Heinrich Bücheler

ben, wobei auf Bild und Piedestalje etwa zwei Meter kommt. Im Habite der Augustinereremiten
steht Pater Abraham da in der machtvollen Pose des Volksredners, oder sagen wir
gleich besser: des Volkserziehers, denn der Künstler hat ihn in dem doppelten Momente des
Predigers und des Literaten erfasst. Die Linke hält ein Buch, die ausgestreckte Rechte begleitet
ein eindringliches Wort... Wir wissen von grossen Aesthetikern, die den Wiener Hofprediger
mit superiorer Geste als einen nicht ernst zu nehmenden Spassmacher abtaten. Franz Mar-
mon hat Ernst und Humor, die eindringliche Kraft und die versöhnende Milde mit staunenswerter
Meisterschaft zu einem einzigen Charakterbilde vereinigt und wahrhaft glaubwürdig
gemacht. Das ist in der Tat der Kanzelhumorist, aber auch der Gewaltige Prosaist, dessen
Einfluss auf die Bildung der deutschen Sprache noch nach Jahrhunderten zu fühlen sein wird.
Zwischen beiden, dem Humoristen und dem Literaten, steht der um den Glauben und die
gute Sitte wie ein Löwe kämpfende Seelenhirt, ein Apostel des Herrn... Man hat bekanntlich
eine verblüffende Aehnlichkeit des Kopfes Abrahams mit dem des alten Goethe gefunden;
diese Aehnlichkeit hat der Psychologe Marmon prachtvoll herausgearbeitet.

Das im August 1910 vor der Kirche in Kreenheinstetten aufgestellte Denkmal ist das bekannteste
Werk des Bildhauers Franz X. Marmon und da in Bronze - wohl auch das dauerhafteste
. - Für 1911 verzeichnete Thieme-Becker dann »Passionsskulpturen und Grabmäler
auf den Friedhöfen in Sigmaringen und Dunningen«. Sie wurden in einem Aufsatz »Vom
Künstlerschaffen in Hohenzollern« des Baiinger Stadtpfarrers Pfeffer wie folgt angekündigt:
»Bildhauer Franz Marmon von Sigmaringen zeigt ein Dutzend Entwürfe zu Grabmonumenten
. Da ist so viel Gutes darin enthalten, dass man sie in jedem Ort der Hohenzollerischen
Lande zeigen sollte...« Und vor dem entstehenden Abrahamdenkmal entdeckt Pfarrer Pfeffer
in Marmon »eine ausgesprochene Begabung fürs Gewaltige, Monumentale...«27. Für den
Sigmaringer Friedhof dürfte damals die Kalkstein-Pietä unterhalb der Villa Suggenstein entstanden
sein; in den 20er und 30er Jahren folgten für denselben Ort dann auch Majolica-
Arbeiten.

Das Hauptwerk des Holzbildhauers Franz X. Marmon indes datiert aus dem Vorkriegsjahr
1913: Die monumentale Herz-Jesu-Statue im früheren Hochaltar der Klosterkirche
Gorheim. Kein Geringerer als Romano Guardini hat diese Statue, die ebenso wie diejenige in
Kreenheinstetten den Einfluß des Thorwaldsen-Christus spüren läßt, 1947/48 in Tübingen
als »ein in ästhetischer und religiöser Hinsicht gelungenes Kunstwerk« bezeichnet28. Ebenfalls
1913 schuf Franz X. Marmon den Kalksteinsockel mit Jugendstilornamentik des heutigen
»Vier-Jahreszeiten-Brunnens« in der Sigmaringer Fußgängerzone. Eine ursprünglich
darauf befindliche Bronze-Figur eines Trommler-Buben, an die Herr Friedrich Deutschmann
aus Sigmaringen sich deutlich erinnert, wurde wohl im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen
. Der Brunnen erhielt dann 1979/80 einen neuen Figurenschmuck durch den einstigen
Marmon-Lehrling und späteren Präsidenten der Münchener Akademie, Professor Josef
Henselmann aus Laiz, so daß die beiden wohl bekanntesten Bildhauer Sigmaringens mit
diesem Brunnen im Herzen der Stadt verewigt sind.

Viel kirchliche Kunst ging dann auch von der Gorheimer Straße an die Mosel, die Nahe
und die Saar:, so der Marienaltar in der St. Nikolauskirche von Bad Kreuznach und der
Hochaltar von St. Martin in Neunkirchen.

Eine Blütezeit hatte die Kunstwerkstatt der Gebrüder Marmon ebenso in den 20er Jahren,
sowohl in Gorheim als auch in Wil in der Schweiz. In der Gorheimer Werkstatt sollen damals
rund 40 Bildhauer, Faßmaler, Graveure, Schreiner, Steinmetzen, Vergolder u.a. Berufe bei
»Marmons« gearbeitet haben29. Ein neugotischer Altar ging damals per Schiff auch nach

27 Albert Pfeffer: Vom Künstlerschaffen in Hohenzollern. In: »Der Zoller«. 1910 Nr. 24.

28 Schriftliche Mitteilung von Prof. Dr. Gregor Fidelis Gäßler, Sigmaringen, vom 28.11.1997.

29 Mündliche Mitteilung von Kunstmaler und Restaurator Franz X. Heinzler, Inzigkofen, am 18. 1.
1998.

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