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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0187
Besuch in Beuron. Ein Literaturbericht

Der Ruf, der von Beuron ausging, war nicht leiser geworden, und die Zahl derer, die ihm
folgten, nicht kleiner. Es will viel heißen, wenn die (wenn auch wohl fingierten) Briefe, die
der Jesuit Peter Lippen 1932 veröffentlichte, ausgerechnet nach Beuron gingen; dort war sein
junger Freund, der Adressat der Briefe, eingetreten, nachdem er alle anderen Möglichkeiten
erwogen und verworfen hatte. »Ich glaube wirklich, daß die Strömung deiner inneren Wasser
, die doch Gott selbst in Bewegung gesetzt hat, gerade zu dieser alten Abtei mit ihren
neuen Institutsgebäuden inmitten einer stillen und zugleich weiten Hügellandschaft hingelenkt
ist. Dort wird Deine von der Geruhsamkeit alter Kultur verwöhnte Seele noch etwas
von altrömischen Traditionen vorfinden. Uber der Landschaft liegt ein Hauch des Friedens
und des Ernstes, wie er etwa über Sacro Specu in Subiaco liegt«30. Es will, wie gesagt, viel heißen
, wenn ein Buch, das ganz grundsätzlich die Frage nach Sinn und Form des Ordenslebens
stellte, die Antwort dann in Beuron fand.

Nicht in Beuron, aber doch in einem seiner Tochterklöster, nämlich in Maria Laach trat
Theodor Bogler ein; er war Soldat und mehrfach ausgezeichneter Offizier, dann Keramiker
am Bauhaus in Weimar gewesen und erst nach dem frühen Tod seiner Frau katholisch geworden
. In Beuron, dem Mutterkloster, brachte er seine theologischen Studienjahre zu. »Unsere
Erzabtei kannte ich bereits von flüchtigem Besuch im Jahre 1926. Damals hatte ich einen Teil
der Karwoche dort erlebt. Damals schon hatte ich mich erfreut an der schönen romantischen
Natur, am engen, hohen Tal mit den ragenden, steilen Felsen, die wie Säulen stehen, eingerahmt
von dichten Waldgehängen. (...) Eng ist also das Tal, und nur dort, wo das Kloster liegt
mit dem Dorf, weitet sich alles«31. So heißt es in seinem ersten, 1936 erstmals erschienenen
Buch, das (weil es dem Zeitgeist weit entgegenkam32) viel gelesen wurde und den Ruf von
Beuron überall hintrug. Ihm folgten noch zahlreiche weitere Schriften, die Boglers Bedeutung
erwiesen33.

Auch nach dem Krieg riß der Zustrom nicht ab. Unter denen, die in Beuron einkehrten,
war hing Fetscher, auch er damals ein junger Philosoph. »Besonders eindrucksvoll ist das
Mittagessen in dem hohen gewölbten Refektorium. An langen Tischen zu beiden Seiten der
Wand sitzen die Mönche, in der Mitte, etwas erhöht, der Abt. Im Chor und im Wechselgesang
erklingen die lateinischen Tischgebete, bis sich alle lautlos hinsetzen. (...) Viele alte, faltenreiche
Gesichter sieht man neben jungen, deren Charakterzüge sich erst zu formen beginnen
; herrliche graue und weiße Vollbärte hängen lockig und dicht über die schwarzen Kutten
herab«34. Soweit eine Notiz aus dem Jahr 1947; Fetscher war gerade, ebenfalls in Beuron, in
die katholische Kirche aufgenommen worden. (Als er 1948 nochmals nach Beuron zurückkehrte
, zählte der große Gräzist Walter F. Otto zu den Gästen35).

Ida Friederike Corres, deren Werke den deutschen Katholizismus in den zwanziger und
dann wieder in den fünfziger Jahren des Jahrhunderts prägten, muß in eben jenen fünfziger
Jahren in Beuron gewesen sein. Dort hat sie, wie sie schrieb, das Hochamt an Allerheiligen
»ganz unbeschreiblich genossen«36, sich aber zugleich gegen den Vorwurf gewehrt, einem
bloßen Schauspiel beigewohnt zu haben. »Nein, ich habe es anders erfahren. Freilich ist es

30 Peter Lippert: Briefe in ein Kloster. München 1932, S. 55.

31 Theodor Bogler: Soldat und Mönch. Ein Bekenntnisbuch. 6. Aufl. Köln 1939, S. 236.

32 Vgl. Johannes Werner: Theodor Bogler und sein erstes Buch. In: Erbe und Auftrag 4/1997, S. 317-
318.

33 Vgl. Emmanuel von Severus: P. Theodor Bogler zum Gedächtnis. In: Theodor Bogler f (Hrsg.),
Mönchtum - Ärgernis oder Botschaft? (Liturgie und Mönchtum. Laacher Hefte 43). Maria Laach 1968,
S.7-12; Ders.: P. Theodor Bogler - Mönch und Künstler (1897-1997). In: Erbe und Auftrag 2/1997,
S. 149-151.

34 Iring Fetscher: Neugier und Furcht. Versuch, mein Leben zu verstehen. Hamburg 1995, S. 235.

35 Vgl. ebd. S. 337 f.

36 Ida Friederike Görres: Zwischen den Zeiten. Aus meinen Tagebüchern. 1951-1959. Olten/Frei-
burg 1960, S.442.

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