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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0191
Besprechungen

rock zur Romantik (S. 211-266); Das 20. Jahrhundert (S. 267-352). Diese jeweils etwa 400
Jahre umfassenden Abschnitte sind, wie Militello eingangs selbst anmerkt, »vielleicht wirklich
etwas zu weit gefaßt« (S. 9). Die zeitliche Orientierung wird dadurch etwas erschwert,
daß innerhalb der Kapitel die Lebensbeschreibungen nicht chronologisch geordnet sind,
sondern zur Verdeutlichung dreier >typischer< weiblicher Beziehungsmuster bzw. Tätigkeitsfelder
zusammengestellt wurden. »Ich wollte für jeden Zeitraum die Typologie der >fami-
liären< Beziehungen und daneben die Typologie der >Dienste<, das Netz der >kirchlichen<
Beziehungen herausarbeiten« und »durch besondere Gestalten ergänzen, die entweder auf
emblematische und vorbildliche oder aber auf rebellische und umstürzlerische Weise die Geschichte
und die Welt der christlichen Frauen gleichermaßen einschneidend repräsentiert haben
« (S. 9-10). Diese thematische Zusammenfassung hat zur Folge, daß beispielsweise auf
die Lebensbeschreibung der um das Jahr 1381 geborenen Rita von Cascia jene der 300 Jahre
vorher geborenen Hildegard von Bingen folgt.

Am Anfang jedes Kapitels steht eine sehr kurze Einführung in die jeweilige Epoche, deren
Charakterisierung man sich wegen der großen zeitlichen aber auch räumlichen Abstände
zwischen den vorgestellten Frauen zum Teil etwas ausführlicher, vor allem aber differenzierter
gewünscht hätte. So treten uns etwa in Kap. 3 »Das Hochmittelalter«, erstes Unterkapitel
»Das Netz der familiären Beziehungen«, vier Frauen aus dem 11. bis 15. Jahrhundert entgegen
, Frauen aus Byzanz (»Eine Tochter und >Chronistin<: Anna Komnene« [S. 89 ff.]),
Schweden (»Eine ungewöhnliche Witwe: Birgitta von Schweden« [S. 98 ff.]), Italien (»Eine
leidgeprüfte Mutter: Rita von Cascia« [S. 105 ff.]) und Deutschland (»Eine liebende Gattin:
Elisabeth von Thüringen« [S. 94 ff.]), Tochter, Gattin, Witwe und Mutter. Die Nachvollziehbarkeit
der Biographien wird hiervon nicht negativ betroffen Cettina Militello gelingt es,
durch eine engagierte und verständnisvolle Darstellung den einzelnen Frauenleben Realität
zu verleihen. Schwierig gestaltet sich für die Leserin bzw. den Leser jedoch die Beurteilung
dieser Leben in ihrem jeweiligen sozial- und kirchengeschichtlichen Kontext. Besonders auffällig
wird dieser Mangel beispielsweise in der Lebensbeschreibung der Jeanne D'Arc, über
die es heißt: »Jeanne betritt die politische Bühne im Jahr 1429. Es ist ihr gelungen, bis zum
König vorzudringen, der sie empfängt und ihre Seriosität überprüfen läßt. Sie weckt den Hof
aus seiner Erstarrung. Nachdem sie ein Heer aufgestellt hat, befreit die Jungfrau das belagerte
Orleans und rückt auf Reims vor« (S. 128).Militello beschreibt Jeanne als »eine Frau von tiefer
Innerlichkeit, einfach und ungebildet, der es dennoch auf geradezu apokalyptische Weise
gelingt, durch eine überirdische Berufung die Verantwortung für das Schicksal ihres Volkes
zu übernehmen« (S. 129). Näheres darüber, wie es einem 17-jährigen Bauernmädchen gelingen
konnte, diese Rolle zu spielen, erfährt man nicht.

Bei allen Frauen handelt es sich um, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise, dem
christlichen Glauben, der Kirche oder beiden verbundene Persönlichkeiten. Ihre Lebensgeschichten
sind z.T. alltäglich, z.T. außergewöhnlich und weisen mehrheitlich glaubensbedingte
Brüche auf. Neben so bekannten Namen wie Roswitha von Gandersheim, Hildegard
von Bingen, Edith Stein oder Simone Weil treffen wir auf weniger bekannte Frauen. Dabei ist
die Intensität und Ausführlichkeit der Darstellung ganz wesentlich abhängig von der Quellenlage
. Verf. unternimmt nur geringe Anstrengungen, die teilweise völlig unzureichenden
biographischen Informationen durch eine ausführlichere Betrachtung oder Analyse ihres jeweiligen
Umfeldes zu ergänzen. So erfährt man etwa von Theosebia (2. Hälfte des 4. Jhs.),
der Gattin des Gregor von Nyssa, auf nur eineinhalb Druckseiten lediglich, daß über sie außer
ihrem Namen praktisch nichts bekannt ist. Ähnliches gilt für Theresia, die Gattin des
Paulinus von Nola, und Priska, Ehefrau des Synesios, Bischof von Kyrene. Ganz ohne Zweifel
ist die Beantwortung der Frage, welche Frauen »geradezu aus dem Gedächtnis gelöscht
und vollkommen vergessen« (S. 16) sind und vor allem aus welchen Gründen nicht nur interessant
, sondern notwendig. Andererseits handelt es sich bei ihnen kaum um Frauen, die Geschichte
machten, wie es im Untertitel dieser Arbeit formuliert ist Andere Biographien

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