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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0024
Paul Münch

verziertenThronhimmel vollzogen, ein mittelalterlich anmutendes Arrangement,
offensichtlich ganz nach dem Geschmack des Romantikers auf dem Königsthron^.
Jeder Deputierte schwor, treu, gehorsam, gewärtig und unterthänig zu sein37. Anschließend
erklang ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät und unter andauerndem
Kanonendonner und Glockenklang sangen der Berliner Domchor und die Anwesenden
wechselweise das Te Deum. Während der König den Deputierten in der vordersten
Reihe huldreichst die Hand reichte, ertönte ein von einem Dr. Bosch gedichtetes
und vom Kammermusiker Wichtl in Musik gesetztes „Huldigungslied".
Seine zweite Strophe versprach treue Anhänglichkeit an den neuen Staat38:

[.. .J Durch heil'gen Eid heut aufgenommen
Ins weite, große Preußenland,
Das Starke, Große kann nur frommen,

Ihm reichen freudig wir die Hand.
Von Deines weiten Reiches Marken
Zieht es zu Dir uns nordenwärts,
Dein neues Land wird bald erstarken,
Durch achtes Patrioten=Herz. f...]

Wie bei der Grundsteinlegung der Burg so erschließt sich auch bei diesem Huldigungsakt
der tiefere Sinn des Zeremoniells erst aus den begleitenden Reden. Sie offenbaren
ein von überlebten Traditionen geleitetes, rückwärtsgewandtes Politikverständnis
mit einem ausgeprägten Patriarchalismus, der im Fürsten und König den
mit der patria potestas ausgestatteten, souveränen Landesvater, in den Untertanen
hingegen die unmündigen und untertänigsten Landeskinder erblickte. Eine solche
Haltung war in Deutschland, das sich hierin von den westeuropäischen Ländern
grundsätzlich unterschied, bis ins 19. Jahrhundert verbreitet, ja sie erfuhr während
der Restaurationszeit seit 1850 sogar eine gewisse Renaissance39. In Hohenzollern
zeigte sie eine Ausprägung, die andernorts längst aus der Mode gekommen war.
Dieser Patriarchalismus ist in seiner Altertümlichkeit wohl eher als politisch-recht-

36 Vgl. Preußen in Hohenzollern (wie Anm. 6), S. 204.

37 Verordnungs= und Anzeigeblatt der Königlich Preußischen Regierung zu Hechingen v.
30.8.1851, S. 386. Gerd-H.- Zuchold hat jüngst auf die Bedeutung der aus der Nibelungen-
Sage abgeleiteten gegenseitigen Treueverpßichtung zwischen Fürst und Volk hingewiesen, auf
welche Friedrich Wühlern IV. und die Hohenzollern besonderen Wert legten. Vgl. hierzu:
Friedrich Wühlern IV. und das deutsche Mittelalter: Die Nibelungen. Die deutsche Heldensage
als Bedeutungsträger staatshistorischen Denkens des Monarchen. In: Der verkannte Monarch
. Friedrich Wühlern IV. in seiner Zeit. Hg. von Peter Krüger, Julius H. Schoeps. Potsdam
1997. S. 175.

38 Verordnungs= und Anzeigeblatt der Königlich Preußischen Regierung zu Hechingen v.
30.8.1851, S. 386.

39 Vgl. generell: Paul Münch: Die .Obrigkeit im Vaterstand' - Zu Definition und Kritik des
.Landesvaters' wahrend der Frühen Neuzeit. In: Daphnis 11 (1982) S. 15-40. Vgl. auch Ders.,
„Vater Staat". Staatsmänner als Vaterfiguren? In: Sturz der Götter? Vaterbilder im 20. Jahrhundert
. Hg. von Werner Faulstich, Gunther E. Grimm. Frankfurt a.M. 1989. S. 67-97.

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