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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0026
Paul Münch

terhin den Stellvertreter Gottes auf Erden verehrte: Ihm Treue halten, heißt, dieselbe
Gott halten; ihm sich widersetzen ist Widersetzlichkeit gegen Gott44. Dieses Politikverständnis
, wie es aus den Ansprachen des Haigerlocher Dekans Engst sprach,
spiegelt die politische Mentalität der katholischen zollerischen Elite45. Er sah die
Gesellschaft, so wie das Jahrhunderte zuvor überall, aber seit dem 18. Jahrhundert
nur noch ausnahmsweise der Fall gewesen war, in ständestaatlicher Ordnung nach
Wehr-, Lehr- und Nährstand gegliedert; politische Vertragstheorien oder gar moderne
Volkssouveränitätslehren waren ihm gänzlich fremd. In den preußischen Ho-
henzollerischen Landen war man nach 1850 politisch offensichtlich auf dem Weg
zurück in eine Zeit, die andernorts längst vergangen war.

Die beiden großen, symbolisch aufgeladenen Aktionen, die Grundsteinlegung
der Burg und die Erbhuldigung, sollten die Bewohner der Hohenzollerischen Lande
zu guten Preußen machen. Dies scheint trotz der beeindruckenden Aussichten
„vom Fels zum Meer"46, zunächst nur partiell gelungen zu sein. Während der fünfziger
Jahre diskutierte man mehrfach die Vor- und Nachteile der Eingliederung47.
Manche meinten, man habe in Hohenzollern nur die Lasten des großen Staates zu
tragen [...], ohne der Vortheile theilhaftig zu werden. Andere verwiesen auf die Unverträglichkeit
süddeutscher und norddeutscher Mentalität und amüsierten sich
über den Hohn und Spott, dem die zollerischen Dienstpflichtigen als Katholiken
und als dumme Schwaben in den preußischen Altlanden ausgesetzt seien. Aus der
württembergischen Nachbarschaft, zu der traditionell ein eher distanziertes Verhältnis
bestand, war zu hören48, die Militärlasten, insbesondere die langen Dienstzeiten
in weit entfernten Garnisonen, seien in Preußen exorbitant, die Polizei enge
das freie Leben ein, die Gerichtssporteln drückten die Bevölkerung. In Abwehr solcher
Kommentare, die nicht frei von Häme waren, verwies man hohenzollerischer-
seits auf die erzieherische Funktion der militärischen Dienstzeit, lobte die durch die

Frank-Lothar Kroll: Friedrich Wühlern IV. und das Staatsdenken der deutschen Romantik
. Berlin 1990.

44 Verordnungs= und Anzeigeblatt der Königlich Preußischen Regierung v. 27.8.1851, S. 380.

45 Er hatte den preußischen König bereits bei dessen Ankunft als unsern König, unsern
Landesherrn, unsern Landesvater begrüßt. Während des katholischen Hochamtes vor der
Erbhuldigung hielt er eine Predigt, in welcher er den Mythos des preußischen Rechststaates
beschwor, offensichtlich ohne zu merken, daß das von ihm gleichermaßen gepriesene patriarchalische
und ständestaatlichen Politikmodell damit kaum kompatibel war: Ja, darin besteht
Preußens Macht und Einheit, daß seine Völker freudig und stolz sind, ihrem Könige anzugehören
, ihm in Zucht und Ordnung zu gehorchen, der sie mit starker Hand regiert nach Gottes
und des Landes Gesetzen, Recht und Gerechtigkeit handhabt, ohne Ansehn der Person. (Ver-
ordnungs= und Anzeigeblatt der Königlich Preußischen Regierung v. 27.8.1851, S. 376 f. und
S. 381 f.).

46 Vgl. K. Th. Zingeler: Vom Fels zum Meer! Vom Meer zum Fels!. Die Beziehungen der
Kaiserlich=königlichen Hohenzollern zur Stammburg und den Stammlanden. Berlin 1908.

47 Vgl. zum folgenden: Hohenzollernsches Wochen-Blatt v. 2.5. 1855.

48 Vgl. zum folgenden: Hohenzollernsches Wochen-Blatt v. 18.1.1856 (Ein interessantes
Streitgespräch, bei dem ein Wirt, ehemals ein wüthender 48r, der sich mittlerweile zum
Preußenfan gewandelt hatte, die preußische Politik in Hohenzollern gegen einen württembergischen
Schultheißen verteidigt, der über die Mußpreußen spottet).

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