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Paul Münch

neuen Reich in Teilen positiv gegenüberstand. Die Hechinger Kommunisten verulkten
in der bereits zitierten Fastnachtsnummer des Roten Zollern% vom Februar 1932
den befürchteten Machtantritt Hitlers mit der Schlagzeile: Die Brütler-Regierung ist
da. Unter den 20 Notverordnungen des neuen Reichskanzlers Brütler, die in einigen
Passagen eine geradezu prophetische Vorwegnahme des späteren Terrors darstellen119
, spottet die 16. folgendermaßen: Die Burg Hohenzollern wird zur Stammburg
der neuen Dynastie Brütler erklärt. Brütler erhebt sich in den Hochadel. Ein Artikel
der Hohenzollerischen Blätter vom 4.1.1933 mit der Überschrift Das Haus Hohenzollern
und die NSDAP informierte über die bekannte Parteikarriere eines der Söhne
Wilhelms IL, des Prinzen August Wilhelm von Preußen, und die enttäuschten Hoffnungen
des deutschen Exilkaisers, der angeblich vom Machtwechsel eine monarchische
Restauration erwartet hatte120. Wilhelm glaubte in seltsamer Verblendung noch
lange an die Erfüllung seines Traumes durch Hitler, dessen Handeln auch ihm wie
eine Wiederholung der Geschichte des großen Friedrich vorkam. Nach der Kapitulation
Frankreichs im Jahre 1940 telegraphierte er mit Anspielung auf einen der bekanntesten
Ufa-Preußenfilme aus dem niederländischen Doorn121 an den Führer: In
allen deutschen Herzen erklingt der Choral von Leuthen.

Wie sah es in Hohenzollern aus?122 Trotz gewisser Animositäten der örtlichen
Parteiprominenz gegenüber dem Fürstenhaus123 profitierte von der adels- und
preußenfreundlichen Haltung der NS-Spitzen auch der Sigmaringer Prinz Friedrich
von Hohenzollern. 1935 wurde ihm, der dafür so lange gekämpft hatte, endlich
ganz offiziell der Gebrauch des Titels Fürst und mit Rücksicht auf seine rumäni-

118 Der Rote Zoller {Zollerisches Bürgerblatt) v. 9.2.1932.

119 Vgl. z.B. Nr. 1: Juden unter einem Jahreseinkommen von 10 000 Rm werden ausgewiesen.
Nr. 2: Marxisten [...] werden für vogelfrei erklärt und dürfen von der SA ohne Urteil gehängt
werden. Ihre Knochen müssen im Winde klappern. Nr. 9: Jeder Deutsche muß heiraten, jede
Deutsche muss 18 Kinder kriegen. Für jedes 6. Kind übernimmt Herr Reichskanzler Brütler
die Patenschaft und stiftet eine Kaffeetasse mit Hakenkreuz und Bild. Nr. 10: Alle Lehrer müssen
Mitglied der SA sein. Nr. 11:7« jeder Schulklasse (auch Hochschulklasse) muss ein Bild des
Herrn Reichskanzlers Brütler aufgehängt werden. Nr. 12: Es gibt nur eine Kunst: die nordischgriechisch
-arische. Hauptfarbe ist Veilchenblau. Alle Bilder moderner Maler müssen aus den
Galerien entfernt werden. Alle nakten Statuen bekommen eine Blechschürze. Nr. 17: Denken
ist verboten, Reden ist verboten. Nr. 18: Das Brütlerlied wird zur Nationalhymne erklärt.
Nr. 19: Der Brütlergruß wird zur Nationalhymne erklärt. Nr. 19: Der Brütlergruss ist obligatorisch
für jeden Deutschen.

120 Vgl. Hohenzollerische Blätter v. 4.1.1933.

121 Zitiert bei Rudolf Augstein: Preußens Friedrich und die Deutschen (wie Anm. 79) S. 7.

122 Ob die hohenzollerische oder die preußische Identität das Verhältnis der Bevölkerung
zum Nationalsozialismus in spezifischer Weise geprägt haben, ist bislang unerforscht geblieben
. Vgl. etwa Gunter Tietz: Die nationalsozialistische Machtergreifung in einer hohenzollerischen
Kleinstadt. In: Lokalmodelle nationalsozialistischer Machtergreifung. Dokumente -
Bilder-Unterrichtsmodelle. Hg. von Thomas Schnabel. Heidelberg 1983. S. 201-250; Rolf
Vogt: Hechingen und der 30. Juni 1934. Überlegungen zu den Auswirkungen der SA-Entmachtung
auf eine südwestdeutsche Kleinstadt. In: Hohenzollerische Heimat 45 (1995) S. 7-9,
23-27.

123 Vgl. hierzu: Fritz Kallenberg (Hrsg.): Hohenzollern (wie Anm. 15), S. 220 ff.

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