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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0043
Schwarz - Weiß

sehen Verwandtschaft sogar die Anrede Königliche Hoheit zugestanden124. Damit
fand der Sigmaringer Titelstreit sein formelles, nach den Vorgängen während der
Weimarer Zeit allerdings kaum überraschendes Ende.

Man kann es nur als ein tragisches Mißverständnis bezeichnen, daß konservative
Kreise im Dritten Reich ernsthaft damit rechneten, daß mit dem Machtantritt der
Nationalsozialisten das alte Preußen, wie immer sie es verstanden, wiederkehren
würde. Wer dies glaubte, wurde in seinen Hoffnungen bitter enttäuscht. Erst als
sich der braune Terror zunehmend rücksichtsloser austobte und der Krieg immer
schwerere Opfer forderte, verloren die nazistischen Preußenmaskeraden ihre Uberzeugungskraft
. Es gehört zu den wenigen Traditionen der deutschen Geschichte, an
welche man nach 1945 unbelastet anknüpfen konnte, daß sich nun ein Preußentum
anderer Art zu Wort meldete. Ohne den Beitrag weiterer Kreise zu schmälern, kann
man sagen, daß die Widerstandsbewegung des 20. Juli zu einem erheblichen Teil
von prominenten preußischen Adelsfamilien, u.a. den York, Moltke, Schwerin,
Schulenburg, Lehndorff und Tresckow getragen wurde. Der Widerstand der hohen
adeligen Militärs war höchst konservativ. Sie hatten der Weimarer Republik und ihren
führenden Repräsentanten meist indifferent bis ablehnend gegenübergestanden.
Ihre innere Einstellung war autoritär und elitär, keineswegs demokratisch. Manche
sympathisierten, infiziert von Oswald Spenglers Ideen eines preußischen Sozialismus125
, lange Zeit mit dem Nationalsozialismus. Der Gedanke an Widerstand gegen
eine als legitim angesehene Regierung stürzte diese Gruppe, die von monarchischen
und christlichen Traditionen geprägt war, in tiefe Gewissenskonflikte: War es erlaubt
, den im Fahneneid versprochenen Gehorsam aufzukündigen und sich um des
Staates willen gegen die Staatsführung selbst zu stellen}^ Daß bei einem Scheitern
des Unternehmens, das eigene Leben auf dem Spiel stand, war allen Beteiligten klar.
Daß sie sich dennoch für den Widerstand entschieden, mag für das Weiß des preußischen
Wappens stehen, das sich in diesem Fall besonders hell von von seiner dunklen
Seite abhebt. Ob sich die preußischen Offiziere die altadeligen Ungehorsamsmythen
eines Marwitz127 oder York zum Vorbild nahmen128 oder sich ethisch anders
legitimierten, erscheint angesichts des Verdienstes, überhaupt etwas gegen den
Diktator unternommen zu haben, als zweitrangig129. Einer der Widerständler, Henning
von Tresckow, äußerte im Juni 1944 gegenüber dem Grafen Lehndorff: Das
Attentat muß erfolgen; coüte que coüte. Sollte es nicht gelingen, so muß trotzdem in
Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an.
Sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der

124 Vgl. hierzu ebd. S. 191 u. 222.

125 Vgl. Oswald Spengler: Preußentum und Sozialismus. München 1920.

126 Karl Dietrich Bracher: Preußen und die deutsche Demokratie (wie Anm. 87) S. 307.

127 Vgl. hierzu demnächst: Ewald Frie, Preußische Identitäten im Wandel (1760-1870). In:
HZ 272/2, 2001 (im Druck).

128 So Marion Gräfin Dönhoff: Preußen - Maß und Maßlosigkeit (wie Anm. 11) S.46 f.

129 Vgl. hierzu: Karl Dietrich Bracher, Preußen und die deutsche Demokratie (wie Anm.
87) S. 304-309.

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