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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0211
Besprechungen

oder Fürsten beschränkt, sondern auch die Rolle der führenden Beamten und Ratgeber
der Fürsten wird berücksichtigt. Hervorzuheben ist, dass auch die deutsche
Judenheit nicht ausgeblendet bleibt, die in direkter Beziehung zum Kaiser stand,
sich aber nicht zu einem Personenverband wie die Reichsritter zusammenschließen
konnte, trotz rascher Kommunikationswege und bester Informiertheit aufgrund
weit reichender verwandtschaftlicher Beziehungen und aus den Bedürfnissen des
Handels heraus.

Im zweiten Teil des Buches sind Aufsätze zum Thema „Reich und Reformation"
vereinigt. Volker Press schenkte der ganz wesentlichen Rolle der Konfessionen für
die Geschichte des Alten Reichs starke Beachtung. Eingehend werden die Auswirkungen
der Reformation und der Konfessionalisierung auf die Reichsgeschichte untersucht
. Die Umsetzung der Reformation blieb zwar innerhalb der bestehenden
Strukturen der ständischen Gesellschaft, hatte aber deutliche Auswirkungen auf das
soziale Gefüge des Reichs. Diese Auswirkungen der Reformation werden wiederum
bei allen Schichten, Gruppen und Ständen des Reichs untersucht. Eine wichtige Folge
der Reformation war beispielsweise, dass das Band des Konnubiums, der Heiratsverbindungen
, bei Fürsten und Adel zerriss, und so „ein entscheidender Verbindungsweg
zerschnitten wurde, der bislang ausgleichend gewirkt hatte." (S. 441) Dadurch
verschärften sich die konfessionellen Konflikte, und die Auflösung des Fürstenstands
als Familienverband trug dazu bei, dass das Reich in schwerste kriegerische
Auseinandersetzungen (Dreißigjähriger Krieg) getrieben wurde.

Der dritte Teil des Buches trägt die Überschrift „Ständische Gesellschaft und soziale
Mobilität". Wiederum wird der Strukturwandel bei sämtlichen Gruppierungen
des Alten Reichs untersucht, wobei ein Schwerpunkt bei den Reichsstädten
liegt. Ausgangspunkte für Längsschnittsuntersuchungen sind nochmals Reformation
und Dreißigjähriger Krieg.

Vermerkt sei an dieser Stelle, dass Volker Press wiederholt auf Kontinuitäten des
Alten Reichs im 19. Jahrhundert hinwies. Unter anderem scheint dies daran deutlich
zu werden, dass der deutsche Südwesten, ein Kerngebiet des Alten Reichs, zu
den Zentren von Liberalismus und Konstitutionalismus im Vormärz wurde. Möglicherweise
manifestiert sich hier ein Fortwirken der alten korporativen Freiheiten.

Die Aufsätze in dem von Johannes Kunisch in Zusammenarbeit mit Gabriele
Haug-Moritz, Horst Carl, Anton Schindling (Tübingen) und Georg Schmidt (Jena)
herausgegebenen Band wurden sorgfältig aus dem gesamten Oeuvre von Volker
Press ausgewählt, um eine „nüchterne Bilanz seines Lebenswerks zu ziehen und
deutlich zu machen, daß Volker Press einer aus machtstaatlichem Denken hergeleiteten
Abwertung des Reiches ebenso widersprach wie einer zu postnationaler Identifizierung
neigenden Überstilisierung." Mit dem Band wird Volker Press als ein
Gelehrter gewürdigt, „der die Vorzüge und Mängel des Alten Reiches abwägend zu
gewichten vermochte" und der zu den „großen Entdeckern der Eigentümlichkeit
des Heiligen Römischen Reiches und der einzigartigen Vielzahl seiner institutionellen
und sozialen Strukturen" gehört, so Johannes Kunisch im Vorwort. Für den Forscher
äußerst hilfreich ist das Verzeichnis der Schriften von Volker Press am Ende
des Buches, das eindrucksvoll die große Breite und Fülle seines Schaffens dokumentiert
.

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