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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0141
Hohenzollern im Jahre 1862 mit den Augen einer englischen Preußin

Mittelmeerfahrt benutzen zu dürfen. Des weiteren schlug die Kronprinzessin vor, im
Rahmen dieser Reise auch the Hohenzollems at the Wernburg in Switzerland, d. h.
dem Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen (1811 - 1885) und seiner
Familie auf ihrem am Schweizer Ufer des Bodensees gelegenen Sommersitz einen
Besuch abzustatten".

Der preußische König verhielt sich jedoch weiterhin ablehnend und blieb auch
nach der Zusage der Queen zur Teilnahme ihres ältesten Sohnes und der Bereitstellung
ihrer Yacht zunächst unentschlossen, bis er dem Kronprinzen schließlich bei einem
gemeinsamen Diner am 7. September seine Erlaubnis erteilte12. Kurz darauf spitzte
sich jedoch die politische Lage weiter zu, so dass der inzwischen nach Reinhardsbrunn
abgereiste Friedrich Wilhelm am 18. September telegrafisch wieder zu seinem
Vater nach Babelsberg gerufen wurde, wo ihm dieser am darauffolgenden Tag in niedergeschlagener
Stimmung seine Absicht zur Abdankung vortrug. Der Kronprinz
nahm diese Nachricht mit Schrecken auf und beschwor seinen Vater, den unselige[n]
Schritt für Krone, Land und Dynastie13 zu unterlassen. Es bleibt offen, wie ernsthaft
Wilhelm I. damals vor einer Abdankung stand, zumal er die vorbereitete Urkunde noch
nicht unterschrieben hatte und seinem Sohn versicherte, dass mit einer Berufung Bismarcks
vorerst nicht zu rechnen sei, obwohl er diese drei Tage später tatsächlich veranlasste
. Während Friedrich Wilhelm in einem durch eine parlamentarische Entscheidung
ausgelösten Regentenwechsel einen gefährlichen Präzedenzfall für zukünftige Herrscher
sah, riet ihm seine in Gotha verbliebene Frau hingegen, die Entscheidung des Vaters
zu akzeptieren14. Obgleich es müßig erscheint, Spekulationen über den etwaigen Verlauf
der Geschichte im Falle eines tatsächlichen Rücktritts Wilhelms I. anzustellen, wie
sie später auch durch den frühen Tod Friedrichs III. immer wieder angeregt wurden,
bleibt dennoch festzuhalten, dass die kurz darauf einsetzende Reise des Kronprinzenpaares
nun einen geradezu fluchtartigen Charakter bekam. Während sich Friedrich
Wilhelm und Victoria damit einerseits demonstrativ von der Politik der nun anbrechenden
Ära distanzieren wollten und gleichzeitig Erholung und Ablenkung nach den
aufwühlenden Ereignissen der vergangenen Monate suchten, kam den Befürwortern
Bismarcks eine mehrmonatige Abwesenheit des Thronfolgerpaares durchaus gelegen.

Der inzwischen nach Gotha zurückgekehrte preußische Kronprinz besuchte
zunächst noch seine Schwester in Baden15 und reiste von dort zurück nach Coburg,
wo er wieder mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter zusammentraf. Am
6. Oktober begab sich das Kronprinzenpaar dann in Begleitung des Prinzen von
Wales nach Nürnberg, das besonders auf Friedrich Wilhelm, dessen - nach Ansicht
des Herausgebers seiner Tagebücher - „ganze Liebe der Gotik gehörte"16, großen

11 Victoria an ihre Mutter, 5.7.1862, Fulford (wie Anm. 8) S. 87.

12 Mit Papa bei seinem Diner gesessen. [...] unsere Reisepläne, selbst bis Süditalien, nicht
abgewiesen [...], Tagebucheintragung des Kronprinzen vom 7. September 1862, s. Heinrich
Otto Meisner (Hg.): Kaiser Friedrich III. Tagebücher von 1848-1866. Leipzig 1929. S. 158.

13 Tagebucheintragung des Kronprinzen vom 19.9.1862, Meisner (wie Anm. 12) S. 160.

14 Vgl. zu diesen Vorgängen Pakula (wie Anm. 4) S. 153ff.

15 Großherzogin Luise von Baden (1838-1923)

16 Meisner (wie Anm. 12) S. XV

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