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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0165
Rumäniens Kampf um die Unabhängigkeit

Der Bedingung über die vorherige, von der rumänischen Verfassung vorgeschriebene
Ratifizierung stimmten die Russen ebenfalls ohne weiteres zu, aber ebenso
leicht gingen sie einfach darüber hinweg, indem sie drei Tage nach der Kriegserklärung
an die Türkei ihre Truppen den Pruth nach Rumänien überschreiten ließen,
nämlich am 11./23. April 1877. Von dem Geheimabkommen von Reichstadt hatten die
Rumänen beim Abschluß der Konvention zum Glück nichts gewußt, während die
Russen sich wegen der Mißachtung der rumänischen Verfassung damit abfinden
mußten, daß ihre Soldaten drei Tage lang nicht nach den Bestimmungen der Konvention
, sondern als fremde Touristen behandelt wurden.

Aber damit hatte der politisch-diplomatische Kampf der Rumänen mit den nunmehr
regelrecht mit ihnen verbündeten Russen erst begonnen. Was den Anteil Rumäniens
am Krieg gegen die Türkei betrifft, waren die Russen zunächst felsenfest davon
überzeugt, daß sie die Hilfe der rumänischen Armee kaum benötigen würden, und
wenn schon, dann selbstverständlich nur unter russischem Oberkommando. Fürst
Carol erklärte hierzu - und blieb bis zum Schluß dabei - er könne unmöglich seine
Armee unter ein anderes Kommando stellen, er wolle sie nicht aus der Hand geben!

Wie stand es nun um das Verhältnis Rumäniens zur Türkei? Die Pforte war dabei
geblieben, Rumänien als „privilegierte Provinz" ihres Reiches zu betrachten und zu
behandeln, und demgemäß sandte der Großwesir am 11./23. April - also am Tage der
Überschreitung der rumänischen Grenze durch russische Truppen - ein Telegramm
nach Bukarest, in dem er im Namen Seiner Kaiserlichen Majestät des Sultans, den
Fürsten Carol einlud, „sich mit der Hohen Pforte über gemeinsame militärische
Maßnahmen zu beraten zwecks Verteidigung des Territoriums des Fürstentums vor
der Gefahr, von der es bedroht sein könnte." Der Fürst überließ dem Außenminister
die Behandlung der Angelegenheit. Dieser antwortete, da könne der Ministerrat
nichts unternehmen, das sei Sache des Parlaments, das für den 20. April (nach Jul.
Kai.) einberufen sei und dessen Entscheidung er dem Großwesir unverzüglich mitteilen
würde...

Zu der Sitzung am 20. April kam es freilich nicht mehr, denn am 14./26. dieses
Monats wurde die Konvention mit Rußland vom Parlament ratifiziert. Fürst Carol
eröffnete persönlich die außerordentliche gemeinsame Sitzung der beiden Kammern.
Er hob hervor, „daß die Hohe Pforte und die Garantiemächte dem Lande trotz aller
Bemühungen seiner Regierung die Neutralität, die man als Pflicht von ihm verlangte,
nicht als Recht hätten zuerkennen wollen. Von allen verlassen, könnte Rumänien jetzt
nur noch auf sich selbst zählen und einzig und allein darauf bedacht sein, zu verhüten
, daß es zum Kriegsschauplatz werde. Die russischen Truppen seien zwar eingerückt
, würden aber die Landeshauptstadt nicht berühren zum Zeichen, daß Rußland,
welches eine der garantierenden Mächte sei, die politische Eigenart Rumäniens anerkenne
. Die rumänische Regierung ihrerseits werde, bis die Kammer sich ausgesprochen
habe, dem russischen Heere gegenüber vollkommene Reserve bewahren."
(N.N.: Aus dem Leben König Karls von Rumänien, Aufzeichnungen eines Augenzeugen
= A.D.L. Bd. III. Stuttgart 1897 S. 133 f.)

Wenn man die Ereignisse des Frühjahrs 1877, die auf der russischen Seite in die
Kriegserklärung an die Türkei vom 12./24. April und auf der rumänischen Seite in die
Unabhängigkeitserklärung vom 9./21. Mai gipfelten, an Hand der Quellen studiert,

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