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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0166
Dumitru C. Amzar

gewinnt man den deutlichen Eindruck, daß lediglich zwei Männer in Rumänien
genau wußten, was sie wollen: Fürst Carol und sein Ministerpräsident Ion C. Brätianu.
Beide steuerten in ihrer gemeinsamen Politik ganz bewußt auf folgende drei Ziele hin:

1. die Zusammenarbeit mit Rußland,

2. die offizielle Proklamation der Unabhängigkeit und

3. die Mitbeteiligung am Krieg gegen die Türkei.

Durch die Unterzeichnung des Durchzugsvertrages vom 4./26. April war ihr erstes
Ziel erreicht worden.

Jetzt kam die Unabhängigkeitserklärung an die Reihe. In der Ministerratssitzung
vom 6./18. Mai erhob der Fürst diese Frage und drängte nunmehr auf ihre Lösung,
obwohl ihm der Außenminister Kogälniceanu am 18./30. April geraten hatte, erst die
Aufnahme abzuwarten, welche die Konvention bei den Westmächten finden würde
und am 28. April/10. Mai sich der betreffenden Resolution in der Kammer widersetzt
hatte (A.D.L. III., S. 141 und S. 150). Es gab aber auch Stimmen, die dafür waren,
wie z.B. der „königstreue Republikaner" CA. Rosetti (vgl. A.D.L. III., S. 171), der
„zur Unabhängigkeit" drängte, während seine Zeitung „Romänul" am
25. April/7. Mai „einen kriegerischen Artikel" brachte, „der eine direkte Beteiligung
Rumäniens am Kriege" forderte (A.D.L. III., S. 147).

Am 9./21. Mai war es endlich soweit. Auf die Frage eines Abgeordneten, der in
„der Begründung seiner Interpellation" „energisch die offene Erklärung der Unabhängigkeit
" forderte, klärte Kogälniceanu die Angelegenheit in der Form, daß er die
Unabhängigkeit als de facto bestehend betrachte, und daß Europa nach Beendigung
des Krieges schwerlich verlangen werde, daß Rumänien die alten Fesseln nochmals
auf sich lade. Daraufhin, so lautet weiter der diesbezügliche Bericht in der Chronik
des Fürsten, wird die Resolution angenommen, daß der Bruch mit der Türkei und die
volle Unabhängigkeit ihre offizielle Bestätigung erlangt hätten.

Am Tage darauf - dem 11. Jahrestag der Thronbesteigung Carols L, der seit 1866
jährlich als der Festtag der neuen Dynastie gefeiert wurde - begrüßte der Ministerpräsident
Brätianu in der feierlichen Sitzung des Parlaments den Fürsten als den
Souverän eines freien Landes, das nunmehr in der Lage sei, sein Recht militärisch zu
verteidigen. Wir lösen uns heute, so sagte er wörtlich, ... vollkommen und endgültig
von der Türkei, der wir offen und ohne abenteuerliche Aspirationen den Krieg
erklären, aber auch fest entschlossen, alles zu bewahren, was das Land in seinen
gegenwärtigen Grenzen besitzt. Letztere Bemerkung war nach Iorga14 als ein Aver-
tissement an die Adresse Rußlands gerichtet, das von Anfang an die Absicht geäußert
hatte, Südbessarabien wieder zu annektieren. Die Chronik des Fürsten verzeichnet
aus diesem Anlaß folgendes: Der Fürst drückt in seiner Dankrede die Hoffnung aus,
daß Europa in dem heute gefeierten Ereignisse, der Verwirklichung des seit alters her
angestrengten Nationalzieles der Rumänen, nur einen Schritt zur Sicherung und
Befestigung der staatlichen Verhältnisse an der unteren Donau sehen möge (A.D.L.
III., S. 160).

14 Nicolae Iorga (1871-1940) gilt als größter rumänischer Historiker und war 1931-32
Ministerpräsident. Bei Prof. Iorga studierte der Autor Geschichtswissenschaft.

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