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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0228
Burghard Weiss

Dällenbach will durch seinen Bekannten, den Leiter der „Entwicklungskommission
Munition" des RBM, Johann-Jakob Sommer, 1942 mit dem Projekt bekanntgemacht
worden sein73. Wahrscheinlicher ist, daß Dällenbach selbst der Initiator war,
schließlich hatte er im Juli 1942 beim Reichspatentamt Schutz für die Idee beantragt,
Sprengstoffmoleküle durch elektromagnetische Strahlung zu zünden!74 Als Hochfrequenzexperte
, der sich schon bei Pintsch mit Richtfunk bzw. Richtstrahl-Telefonie
und damit Mikrowellen befaßt hatte, konnten Dällenbach die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten
von Mikrowellen nicht entgangen sein. Der Tatsache unbeschadet
, daß das Reichspatentamt in Berlin im März 1943 Dällenbachs Antrag - weil zu
allgemein und theoretisch gehalten - ablehnte, wurde die Idee aufgegriffen und mit
staatlicher Unterstützung weiter verfolgt. Projekt „Hadubrand" wurde im Rahmen
eines Aktionsprogramms des RLM vom „Bevollmächtigten für Hochfrequenzforschung
" (BHF) gefördert75.

Die Forschungsstelle D arbeitete demnach an Strahlenwaffen! Wenn es dazu noch
eines weiteren Beleges bedarf, so können wir ihn in der Tatsache erblicken, daß es sich
bei Dällenbachs Mitarbeiter, dem Physiker Dr. Paul Schmid, um einen Experten für
die Luftabwehr handelte: bis zu seinem Eintritt in die Forschungsstelle D war Schmid
Offizier bei der Flak-Artillerie!

Was kam bei den Arbeiten heraus? Soweit erkennbar waren während des Krieges,
von Berichten über das Absorptionsverhalten diverser Sprengstoffen abgesehen, keine
bahnbrechenden Resultate zustandegekommen. Im Oktober 1944 meldete der
Physiker Kohlrausch aus Graz die Erledigung seines Unterauftrages, der die Messung
der Raman-Spektren diverser Azide zum Gegenstand gehabt hatte76. Wenig später
scheint durch den Briefwechsel der Beteiligten Konsens herbeigeführt worden zu
sein, das Projekt ganz einzustellen77. Den Ausschlag gab vermutlich wiederum eine
Stellungnahme Heisenbergs, der in einem Schreiben an Werner Osenberg, Leiter des
Planungsamtes des Reichsforschungsrates (RFR), im November 1944 die technische
Aussichtslosigkeit des Vorhabens unterstrich78:

Sie Hessen mir durch einen Boten zwei Berichte über ein Verfahren mit dem Kennwort
„Hadubrand" zuschicken. Von diesem Verfahren habe ich nur einmal vor längerer
Zeit durch zwei Herren, wenn ich mich recht erinnere, vom Reichsluftfahrtministerium
gehört, die mich hier im Institut besucht haben. Damals wurde die
grundsätzliche Frage gestellt, ob es möglich ist, labile chemische Substanzen durch
kurze Wellen (z. B. Ultraschallwellen oder ultrarote Strahlen) so zu beeinflussen, dass

73 Dällenbach an Gerlach, 14.08.1944 (Bundesarchiv, R 26 III, Nr. 443, Bl. 181).

74 W Dällenbach: „Zerfall von Sprengstoffmolekülen durch elektromagnetische Strahlung",
03.07.1942 (Bundesarchiv, R 26 III, Nr. 500).

75 „Untersuchung von Verfahren zur Herbeiführung des Zerfalls von Molekülen (Sprengstoffe
, Initialzünder) durch Einwirkung elektromagnetischer Strahlung, vorzugsweise Infrarot
", Wehrmachts-Nr. SS 4948-6139-0243/43, GBN-Nr. 10010/BHF (Bundesarchiv, R 26 III,
Nrn. 129 und 444).

76 Kohlrausch an RFR, 05.10.1944 (Bundesarchiv, R 26 III, Nr. 382).

77 Vgl. Mikrofilm PB 6656.

78 Heisenberg an Osenberg, 17.11.1944, Abschrift (Bundesarchiv, R 26 III, Nr. 52, Bl. 286).

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