Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0238
Heinz Pfefferle

aufbau unseres äußerlich und innerlich zerstörten Volkes geblieben. Er muß also auch
Fundament für die Schule werden6.

Auch Carlo Schmid (SPD), direkter Vorgesetzter von Bäuerle und erster Kultusminister
des Landes Nordwürttemberg-Nordbaden, betont sehr, dass das neu einzurichtende
Schulwesen vom Christentum geprägt sein solle, dass hier Religionsunterricht
selbstverständlicher Bestandteil sein soll, dass der Unterricht mit einer Andacht beginnen
und enden solle, dass auch die Lehrerausbildung für die Volksschule konfessionell
getrennt sein soll wie bereits in der Weimarer Republik. Ebenso entschieden wird aber
von ihm ein durchgängig konfessionell gegliedertes Schulsystem abgelehnt. Zum Ideal
wird eine Schulform, für die sich allmählich der Begriff der „christlichen Gemeinschaftsschule
" herausbildete. Die Vorstellungen der französischen Besatzungsmacht
gehen anfänglich noch weiter in ihrer Opposition zur Konfessionsschule, da sie aber
bald bemerkt, dass selbst die KPD eine vorsichtig lavierende oder neutrale Stellung zu
einer deutlich christlich orientierten Schule einnimmt, nimmt sie ihre Ideale einer
laizistischen Schule zurück. Noch erstaunlicher ist, dass die Militärregierung in
Tübingen unvermutet, wenn auch nur diskret, ihre Fundamentalopposition gegen die
Konfessionsschule durch ein Schreiben vom 20. September 1945 plötzlich aufgibt und
Konfessionsschulen dann zugesteht, wenn ein entsprechender Elternwille vorhanden sei.

Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe vehementer Verfechter der Konfessionsschule
. Dazu gehörten in erster Linie das Ordinariat in Rottenburg und Bischof Sproll.
Sie zeigen sich allen Kompromissen gegenüber völlig unzugänglich und bilden immer
wieder den organisatorischen Rückhalt in mannigfacher Form für den Kampf für die
Konfessionsschule. In einer sehr schwierigen Lage befindet sich dagegen die evangelische
Landeskirche. Der Oberkirchenrat in Stuttgart und hier wieder im Besonderen
der Stuttgarter Prälat Hartenstein und Bischof Theophil Wurm sprechen sich nicht
für die Konfessionsschule aus, sondern empfehlen nachhaltig die christliche Gemeinschaftsschule
als Regelschule. Ihre Hauptargumente sind von einem gewissen Pessimismus
geprägt. Zum einen sei man personell gar nicht in der Lage ein echt evangelisches
Bekenntnisschulwesen aufzuziehen, da dazu überzeugte evangelische Lehrer
fehlten. Zum anderen dürfe man die Sondersituation der frühen Nachkriegszeit nicht
ausnützen, die den Kirchen einen Sonderstatus in den Augen der Besatzungsmächte
gegeben habe. Sobald sich die Zeiten normalisiert hätten, würde das Bekenntnisschulwesen
gleichsam als unrechtes Gut erscheinen. Vermeiden will man um jeden
Preis den Aufbau einer christlichen Fassade im Schulwesen ohne rechtes Fundament.
Diese Position ist aber innerhalb der Kirchenleitung nicht unumstritten. Der Schulreferent
Reinhold Sautter etwa schreibt in einem Memorandum zur Schulfrage: Wir
fordern a) die evangelische Volksschule mit evangelischer Lehrerbildung b) den evangelischen
Religionsunterricht... durch kirchliche Kräfte unter Aufsicht der Kirche...
d) die Zuziehung eines Mitglieds des OKR als stimmberechtigtes Mitglied des Kultusministeriums
mit Vetorecht bei Ernennung von Schulleitern und Bezirksschulräten7.

6 Zitat nach Jörg Thierfelder: Zusammenbruch und Neubeginn. Die evangelische Kirche
nach 1945 am Beispiel Württembergs, Stuttgart 1995, S. 145; der dort gebotenen Darstellung
folgt diese Arbeit auch sonst.

7 Ebd. S. 147.

224


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0238