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Heinz Pfefferle

blem ist jedoch der Umgang mit der bei der Abstimmung unterlegenen Minderheit,
insbesondere auf dem flachen Land, wo für sie zumindest weite Schulwege drohen.
Durch den Zuzug von konfessionsverschiedenen Vertriebenen und Flüchtlingen nach
1945 wird diese Problematik noch verschärft, während in Zeiten der traditionellen
württembergischen Bekenntnisschule die meisten Gebiete Württembergs konfessionell
recht homogen waren19.

4. IDEOLOGISCHE BEGRÜNDUNGEN FÜR DIE
WIEDERHERSTELLUNG DER KONFESSIONSSCHULE
UND PRAGMATISCHE EINWÄNDE

Die Forderung nach einer Wiederherstellung der Konfessionsschule in Südwürttemberg
gilt offenbar im Kontext der Nachkriegszeit nicht als schlichte Selbstverständlichkeit
, sondern bedarf spezieller Begründungen. Sie ist insofern ideologisch zu
nennen, weil sie praktische Gesichtspunkte, die in der Debatte zutage kommen, fast
immer ignoriert. Die Forderung wird auffällig häufig apodiktisch und auf eine sehr
abstrakte Weise vorgetragen20. Nicht selten wird sie lediglich durch das von katholischer
Seite neu ins Feld geführte Elternrecht begründet21. Umgekehrt fällt auf, dass
die Argumentation für die christliche Gemeinschaftsschule meist auch praktische
Gesichtspunkte relativ ausführlich einbezieht.

Rolf Winkeler glaubt, dass die überkonfessionelle „Deutsche Schule", die 1936
durch die nationalsozialistische Kultusverwaltung eingerichtet wird und das Ende
der bis dahin üblichen Konfessionsschule in Württemberg bedeutet, in der Bevölkerung
wie in der Lehrerschaft durchaus zahlreiche Anhänger hatte; erst durch die
Abschaffung des Religionsunterrichts in den Schulen sei die Stimmung umgeschlagen
. Dennoch haftet der Gemeinschaftsschule das Odium des Nationalsozialismus
an, während die Konfessionsschule als Teil der Entnazifizierung verstanden werden
kann; nicht nur das Ordinariat in Rottenburg bedient sich ganz offen solcher Argumente
. Dass sich die französische Militärregierung dieser Logik ganz entziehen kann,
ist schwer vorstellbar. Denn seit 1944 wird vom einflussreichen Germanisten und
inoffiziellen Deutschlandexperten Edmond Vermeil der Gedanke vertreten, dass das
Christentum eine notwendige Basis für eine erfolgreiche Entnazifizierung der deut-

19 Derselbe Vorgang ist in Bayern zu beobachten, wo durch den noch früheren und massiveren
Zuzug von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen sich die hergebrachten, lokal sehr homogenen
Konfessionsverhältnisse auflösen (siehe dazu Jana Richter: Eine Schule für Bayern.
Die schulpolitische Auseinandersetzung um die Einführung der Christlichen Gemeinschaftsschule
in Bayern nach 1945. München 1997. S. 30ff.).

20 Dies gilt zum Beispiel für Bocks Begründung zu einem Schulartikel-Entwurf für die süd-
württembergische Landesverfassung (Rede vor der Verfassungsgebenden Landesversammlung
für Württemberg-Hohenzollern vom 3. Dezember 1946) (Protokoll, S. 5).

21 Dieses reklamierte „Elternrecht" wird erst nach 1918 neu von katholischen Kirchenrechtlern
in die Diskussion eingeführt (Angelika Ruge-Schatz: Umerziehung und Schulpolitik in
der französischen Besatzungszone 1945-1949. Frankfurt/M - Bern - Las Vegas 1977. S. 92).

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