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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0059
Geistliches Leben und klösterlicher Alltag im Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen

teilweise enorme physische Herausforderungen. Der Schilderung von Chorfrau
Maria Monika Hafner zufolge gibt es an den gebotenen Fasttagen zu Mittag etwas
Gebäck, sonst aber nur Griesmus, zur Nacht - anstelle des normalen Abendessens -
bei der Collation Brot, Wein, Salat und Käse. In der 40tägigen vorösterlichen Fastenzeit
wird einmal pro Woche ein Birnenzelten (Fruchtmus) als Süßspeise für die
Schwestern aufgesetzt, zur nächtlichen Collation wird eine Wassersuppe und je einmal
pro Woche eine braune Mehlsuppe und eine Schmalzsuppe mit schwarzem Brot
gereicht. Die beiden letztgenannten Suppen isst der Konvent dem Bericht von 1756
zufolge gerne, denn sie gäben Kraft, die man angesichts des nur jeden zweiten Tag
gereichten Salates, Käses, Brotes und oft sauren Weines dringend benötige. Gegen die
abgeschmackte, kraftlose Wassersuppe hegten viele Frauen ein Grausen. Auch bei der
Fastenspeise verklärt Maria Monika Hafner die vermeintlich bessere Praxis unter der
früheren Pröpstin, während es letzte Fasten schier täglich in der Milch gekochten
Stockfisch, Schnecken und primitiv zubereiteten Karpfen gegeben habe146.

Einen festen Platz im klösterlichen Jahreslauf haben die jährlichen Exerzitien und
wiederkehrenden Recollectionen, die der Erneuerung und Befestigung des geistlichen
Lebens dienen. Im Bericht von Maria Monika Hafner werden offenbar alljährlich
stattfindende zehntägige Exerzitien, bei denen zu ihrer Entrüstung nunmehr Befreiungen
von der nächtlichen Mette gewährt werden, und außerdem drei geistliche
Tagreisen erwähnt147. Von den klösterlichen Extraordinari-Beichtvätern und vielfach
auch von externen Missionaren werden zumeist dreitägige sog. Recollectionen sowohl
für die Schwestern allein wie auch öffentlich für die klösterlichen Bediensteten, die
Dorfbevölkerung und Besucher aus der Nachbarschaft abgehalten, was mitunter
Proteste des um seine Rechte im Filialort Inzigkofen fürchtenden Pfarrers von
Sigmaringen auslöst148. Nicht selten finden sich zu den wohl mit späteren Volksmissionen
vergleichbaren öffentlichen Veranstaltungen sogar Angehörige des Sigmaringer
Fürstenhauses ein149. Die Missionare bedienen sich bei den Recollectionen der
ganzen Dramaturgie und Inszenierungskunst der barocken Religiosität: So setzt etwa
der vermutlich dem Rottenburger Jesuitenkonvent entstammende Pater Gregor
Nidermayer, der, wie geschildert, zeitweise als heißer Kandidat für den vakanten
Extra-Beichtiger-Posten gehandelt wird, 1763 bei einer abendlichen Betrachtung zum
Thema Tod sogar Sterbegebete und Totengeläut ein und löst dadurch bei den zahlreichen
Kirchenbesuchern eine heftige Bewegung aus. Nach dem offenkundig
enormen Erfolg seiner öffentlichen Recollection hält Nidermayer ein halbes Jahr
später am Redfenster eine gleichermaßen über drei Tage gehende Separatveranstaltung
für den Stiftskonvent ab150.

Ungeachtet der Klagen von Maria Monika Hafner über vermeintliche Aufweichungen
der klösterlichen Disziplin ist das Klosterleben in Inzigkofen auch noch
am Vorabend der Säkularisation von einer großen Strenge und Askese im Alltag

146 Kraus (wie Anm. 4), S. 140.

147 Ebd., S. 134, 136.

148 Klosterchronik (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 177f.

149 Als Beispiele ebd., S. 177f., 279.

150 Ebd., S. 229ff.

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