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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0066
Edwin Ernst Weber

Angesichts dieser existenziellen Bedrohungen und des vor Augen stehenden
Untergangs der gesamten klösterlichen Welt herrscht im Inzigkofer Konvent in den
letzten beiden Jahrzehnten vor der Säkularisation eine unverkennbare Untergangsstimmung
. Symptomatisch ist das 400jährige Jubiläum der Annahme der Augustinusregel
1794. Hatte man hundert Jahre zuvor die dritte Säkular-Feyer noch mit aller
Pracht des barocken Festkanons, mit einem jesuitischen Festprediger von der Universität
Konstanz, einem musikalisch überbordenden Hochamt, einer Prozession der
ganzen Sigmaringer Stadtpfarrei nach Inzigkofen sowie Beichte und Kommunion
von mehreren hundert Gläubigen begangen174, so wird nunmehr in Anbetracht des
Krieges - gegen das revolutionäre Frankreich seit 1792 -, der teuren Zeiten und weil
die böse Welt die geistlichen Güter mit neidischen Augen ansehe, auf Solemnität und
Feierlichkeit verzichtet und das Jubiläum in aller Stille und Andacht und nahezu ohne
auswärtige Beteiligung begangen. Glanzpunkte der zweitägigen Jubelfeier sind 1794
die musikalische Gestaltung des Hochamts, die stellvertretende, feierliche Gelübdeerneuerung
durch die Pröpstin, die Anlegung der hochzeitlichen Kleider durch die
Chorfrauen und des Perlenornats durch den Priester, das hochzeitliche Speisen der
Schwestern bei Tisch und die Predigt des Beichtigers, der dem versammelten Volk den
Festanlass erläutert, wie Gott 400 iahr dises gotteshaus beschüzet in so vilen gefahren
und Kriegslaufen und es wunderbar im Geistlichen und Weltlichen erhalten habe.
Das Klostergesinde erhält zur Feier des Tages jeweis eine halb Maß vom besseren
Wein sowie Weißbrot. Der Bilanz der Klosterchronistin zufolge wurde trotz aller
Bescheidenheit diser Tag mit allseithiger Freid, Vergniegen und innerlichem Trost,
wie es die Mehristen bezeigten, vollendet175.

Ähnlich verständnislos und ablehnend wie auf Aufklärung und josephinische
Reformen reagieren die Inzigkofer Schwestern auf die Französische Revolution, deren
Anliegen und Ideale den in einer gänzlich anderen Welt lebenden Chorfrauen fremd
und bedrohlich erscheinen. Die im revolutionären Frankreich propagierte Gleich-
und Freyheit besteht nach Wahrnehmung der Klosterchronistin vor allem darin, dass
die Religion zerstört, die Priester vertrieben, Kirchen und Altäre umgestürzt, der
Adel verdrängt, die Wohlhabenderen ihrer Güter beraubt und ein Krieg, wo kein
Völkerrecht, kein Naturgesäz beobachtet wurde, mit den auswärtigen Mächten
angesponnen wurde. Gar einen Rückfall in die Zeiten der römischen Christenverfolgung
glaubt man zu erkennen: Kein Nero und Dieocletian in den Ersten Zeiten haben
erfunden, was die rasende(n) Patrioten in Frankhreich den fromen (!) Christen für
Marter angethan. Auf Empfehlung der Äbtissin von Habsthal sowie des Konstanzer
Generalvikars nimmt man im Kloster mehrere emigrierte französische Priester auf,
von denen einige der Klosterchronik zufolge mehr als drei Jahre in Inzigkofen bleiben
und täglich im Herrenhaus Tisch und Logis haben, was mit der Bettwäsche und
anderem dem Stift hohe Kosten verursacht habe. Trotz des Mitgefühls für die from
und auferbauliche(n) Priester aus Frankreich, die für ein kleines Kostgeld wöchentlich
Messen lesen, wird man mit den Gästen offenbar nicht richtig warm und befin-

174 Geissenhof (wie Anm. 4), § 29.

175 Klosterchronik (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 465f.

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